Süddeutsche Zeitung

Transgender-Debatte:Maßlose Empörung

J.K. Rowling äußert sich polemisch. Das muss sie dürfen.

Von Cathrin Kahlweit

Vor etwa einer Woche hat Joanne K. Rowling polemische Bemerkungen über Transgender und Geschlecht gemacht, seither wird die Erfinderin von Harry Potter mit einer Empörung bestraft, die Maß und Mitte verloren hat. Rowling hatte sich über einen Text mokiert, der das Wort Frauen vermeidet und stattdessen von "Personen, die menstruieren" spricht; als sie daraufhin als "transphob" beschimpft wurde, legte sie mit einem Blog nach, in dem sie auf ihre Missbrauchserfahrungen verwies und Schutzräume für Frauen einforderte.

Nun distanzieren sich Schauspieler aus Harry-Potter-Filmen, Mitarbeiter ihres Verlags drohen mit Boykott. Rowling ist nicht naiv; es ist anzunehmen, dass sie die Erregung und den Streit einkalkuliert hat. Denn tatsächlich hat die Autorin eine Position zu einem komplizierten und emotionalen Thema, die nicht "politisch korrekt" ist. Und sie bewegt sich schon lange genug im öffentlichen Raum, um zu wissen, wie aufgeladen die Transgender-Debatte ist.

Aber genau das muss da möglich sein, wo sich jene bewegen, die Toleranz und Aufgeklärtheit für sich und andere einfordern. Rowling hat Erfahrungen, Ängste, Gedanken vorgetragen, die nichts mit ihrem Werk zu tun haben. Nun erntet sie Hass. Es gilt die Meinungs- und Redefreiheit. Auch für eine Kinderbuchautorin, die provoziert.

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Quelle:
SZ vom 18.06.2020
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