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Internationale Reaktionen:Schäuble hält Brexit-Kehrtwende noch für möglich

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Nach der konzertierten internationalen Reaktion auf den Fall Skripal hofft Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble auf ein Brexit-Umdenken in Großbritannien. "Ich habe durchaus noch Hoffnung, dass die Briten in der EU bleiben", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Nach dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal hätten die Briten gesehen, "wie gut es ist, wenn man in der Welt nicht alleine ist". Sie würden viel Solidarität erfahren und erkennen, dass "Europa funktioniert".

Als Konsequenz aus dem Anschlag auf den Doppelagenten auf britischem Boden hatten Deutschland und andere EU-Staaten russische Diplomaten ausgewiesen. Auch die USA schickten 60 russische Geheimdienstmitarbeiter zurück in die Heimat. Sieben weitere russische Diplomaten wurden von der Nato vor die Tür gesetzt. Mittlerweile hat der Kreml seinerseits angekündigt, 150 Diplomaten unterschiedlicher Nationalität auszuweisen und das US-Konsulat in St. Petersburg zu schließen. Moskau wird vom Westen verdächtigt, die Gift-Attacke in Auftrag gegeben zu haben, bei der auch Skripals erwachsene Tochter schwer verletzt wurde.

Julia Skripal schwebt nicht mehr in Lebensgefahr

Der Gesundheitszustand von Julia Skripal hat sich mittlerweile gebessert. Sie spreche gut auf die Behandlung an, teilte das Krankenhaus im englischen Salisbury am Donnerstag mit. "Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Julia Skripal rasche Fortschritte macht und nicht mehr in einem kritischen Stadium ist", sagte die medizinische Leiterin des Bezirkskrankenhauses in Salisbury, Christine Blanshard. Die 33-Jährige bleibe aber weiterhin rund um die Uhr in Behandlung. Der Zustand von Sergej Skripal hat sich dem Krankenhaus zufolge dagegen nicht verändert, er bleibe "kritisch, aber stabil".

Julia Skripal und ihr Vater Sergej, 66, ein ehemaliger Doppelagent, waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank in der Innenstadt der englischen Stadt Salisbury entdeckt worden. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie mit dem in der früheren Sowjetunion entwickelten Kampfstoff Nowitschok vergiftet wurden. Die beiden kamen wohl an ihrer eigenen Haustür in Salisbury mit dem Gift in Kontakt. Dort wurde die höchste Konzentration des Nervengifts entdeckt, teilte die Polizei mit.

Die britische Polizei kündigte an, weiter intensiv im Umkreis des Wohnhauses von Skripal in Salisbury nach Beweisen zu suchen. Die Ermittlungen könnten sich aber noch über Monate hinziehen. Ausgewertet werden auch 5000 Stunden Videomaterial von Überwachungskameras. Großbritannien ist eines der am stärksten mit Videokameras überwachten Länder der Welt.

Die russischen Behörden haben Großbritannien offiziell um Einblick in die Ermittlungen zu dem Giftanschlag gebeten. Julia Skripal sei russische Staatsbürgerin, hieß es in einer Mitteilung des Staatlichen Ermittlungskomitees in Moskau. Die britischen Behörden wurden aufgefordert, Kopien ihrer Akten zu dem Mordanschlag auf Vater und Tochter von Anfang März zu übermitteln.

Österreich sieht keine Grundlage für Massenausweisung

Anders als der Nachbar Deutschland hat Österreich bislang keine russischen Diplomaten ausgewiesen. "Wir haben einen Vorfall, dessen Sachverhalt der Aufklärung noch harrt", sagte Außenministerin Karin Kneissl in Wien. Es hätte andere diplomatische Möglichkeiten als Massenausweisungen gegeben, auf den Verdacht angemessen zu reagieren, so die Chefdiplomatin weiter. Österreich stehe mit seiner Position, keine russischen Diplomaten auszuweisen, in der internationalen Gemeinschaft alles andere als isoliert da. Viele Nationen seien dem Beispiel der USA, Deutschlands und anderer Staaten nicht gefolgt.

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