Süddeutsche Zeitung

Terror in Paris:Exporteure des Todes

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Die Anschläge von Paris zeigen: Das bisschen Flüchtlingshilfe und der geringe Druck auf die Terror-Paten werden nicht reichen, um die Probleme der islamischen Krisenregionen von Europa fernzuhalten.

Von Stefan Kornelius

Paris ist der Ort, dem der Terror seinen Namen verdankt. La Terreur, die Gewaltherrschaft, ausgeübt durch den Wohlfahrtsausschuss in einer einjährigen Episode nach Beginn der Französischen Revolution, war eine brutale und willkürliche Methode der Machtausübung - und sie war staatlich verordnet. Heute ist der Terror nicht minder brutal und willkürlich. Aber er übt keine Herrschaft aus. Nein, auch nach dem 13.11.2015 nicht.

Terror ist eine widerliche Form der Gewalt. Er barbarisiert, er treibt die Angst in alle Poren, er lähmt und er radikalisiert. Aber eines darf er nicht: die Kontrolle ergreifen über die westlichen Gesellschaften.

Frankreich erlebt eine entsetzliche Prüfung, wie Präsident François Hollande so nüchtern wie richtig der Nation sagte. Das Land und jeder freiheitsliebende Mensch dieser Erde wird jetzt diese Prüfung spüren und sich am Ende fragen müssen, wie er sie bestehen will. Die Antwort hat sich seit 9/11 nicht geändert: mit Härte gegen die Täter und ihre Sympathisanten; nach innen aber, in die doch immer noch freie Gesellschaft hinein, mit dem Geist der Furchtlosigkeit und der Liberalität.

Frankreich muss sich wappnen - und Deutschland auch

Das Rezept klingt schwach angesichts der Monstrosität dieser Tat. Die Attentäter haben eine neue Dimension der Mordlust und des Fanatismus eröffnet. Das schreit nach einer neuen Dimension im Kampf gegen den Terrorismus, den Frankreich schon seit fast einem Jahr einen Krieg nennt.

Das Sicherheitsbedürfnis und die Angst der Gesellschaft verlangen es, dass der Staat seine Stärke zeigt, dass er die Kontrolle nicht preisgibt. Frankreich und auch Deutschland als nicht minder gefährdetes Ziel dieses Terrors müssen sich deshalb wappnen: Mit noch härterer Überwachung islamistischer Gruppierungen, mit der Verfolgung von Dschihadisten, mit Repression gegen ihre geistigen Väter, mit einer gewaltigen Überzeugungs- und Schutzkampagne für alle Ansteckungsgefährdeten: junge muslimische Männer in den Banlieus, am Rand der Gesellschaft.

Syrien und Co. sind Großexporteure des Unfriedens

Immer drängender stellt sich aber die Frage, wie die Wurzel dieser Terror-Wucherung gepackt werden kann. Die Ursachen für Terror finden sich in dieser Weltregion, die schon seit Jahren einen zivilisatorischen Zusammenbruch erlebt, wo kein Recht und kein Staat mehr herrscht und die Willkür tatsächlich organisatorische Macht gewonnen hat. Die Ursachen liegen im muslimischen Krisengürtel von Pakistan bis Marokko, dem Europa auch die gewaltige Fluchtbewegung verdankt. Der Terror von Paris und die Zehntausenden in Passau stammen von ein und derselben Absenderadresse.

Die schwächliche Reaktion etwa der Europäischen Union aber auch der USA auf die Flüchtlingsbewegung zeugt davon, wie unterschätzt diese Gefahr noch immer ist. Der Zusammenbruch aller Ordnung in Syrien, Irak, Libyen und auch im Jemen, der doppelzüngige Umgang mit den Mordbanden durch Iran aber auch durch die Staaten der Arabischen Halbinsel und besonders von Saudi-Arabien - all das sind längst bekannte Ursachen für die Gewaltexplosion und die Flüchtlingskrise. Die Probleme aber bleiben nicht in der Region - Syrien und Co. sind Großexporteure des Unfriedens.

Wer jetzt danach schreit, die Grenzen abzuschotten, der hat den Terror nicht verstanden. Es ist vielmehr höchste Zeit, sich dem Epizentrum dieser Bedrohung zu nähern. Europa kann dem Ordnungszerfall in seiner Nachbarschaft nicht länger zuschauen. Das bisschen Flüchtlingshilfe, der geringe politische und wirtschaftliche Druck auf die Terror-Paten, der ungebremste Waffenhandel - all das wird die Gefahr nicht bannen. Der 13. November zeigt, dass mit Kleingeistigkeit diesem Gewaltstrudel nicht zu entkommen ist. Der Terror muss die Überlegenheit der freien Gesellschaft spüren. Sie hat die besseren Werkzeuge.

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