Süddeutsche Zeitung

Terror:Attentäter in der Türkei war möglicherweise doch kein Kind

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Es war die Schlagzeile am Wochenende: Ein Kind sprengt sich inmitten einer Hochzeitsgesellschaft in der Türkei in die Luft. Mehr als 50 Menschen sterben. 22 Tote seien jünger als 14 Jahre gewesen, sagte ein türkischer Regierungsvertreter am Montag.

Recep Tayyip Erdoğan erklärt am Sonntag, der Attentäter sei zwischen 12 und 14 Jahren alt gewesen. Der "wahrscheinliche Urheber" sei der Islamische Staat. Doch am Montag scheint das mit dem Alter nicht mehr so sicher zu sein. Ministerpräsident Binali Yıldırım sagt, dass bisher keine Hinweise darauf vorlägen, ob es ein "Kind oder ein Erwachsener" gewesen ist. Auch ob der IS dahintersteckt, ist völlig unklar. Erdoğan habe aufgrund von Zeugenaussagen angenommen, dass es ein Kind gewesen sei.

Der Tatort, Gaziantep, liegt im kurdisch geprägten Südosten des Landes. Kurdische Kampfeinheiten sind seit Monaten an Einsätzen gegen den IS beteiligt. Das Brautpaar, gegen dessen Hochzeit sich das Attentat richtete, stammt nach Informationen der Nachrichtenagentur Dogan aus der Region Siirt. Das Paar überlebte den Anschlag, der gegen Ende der Feier verübt wurde. "Sie haben unsere Hochzeit in ein Blutbad verwandelt", sagte die leicht verletzte Braut der Nachrichtenagentur Anadolu. Am Tatort wurden Reste eines Sprengstoffgürtels gefunden.

Immer mehr Kinder als Selbstmordattentäter missbraucht

Dass es ein Kind gewesen sein soll, dass sich in die Luft sprengte, entsetzte besonders. Auch wenn sich die Meldung nun als voreilig erweisen sollte: "Die Mobilisierung von Kindern und Jugendlichen für militärische Zwecke durch den Islamischen Staat hat sich rasant beschleunigt", schreibt das "Combating Terrorism Center" der US-Militärakademie West Point in einer Studie. Den US-Experten zufolge sprengten sich 89 Kinder und Jugendliche 2015 im Namen des IS als Selbstmordattentäter in die Luft, wobei sich die Fallzahlen pro Monat von Januar 2015 bis Januar 2016 fast verdreifachten. Erst am Samstag stoppen irakische Polizisten einen Jungen mit einem Bombengürtel in Kirkuk.

Türkische Artillerie greift Dschihadisten und Kurden in Nordsyrien an

Auch wenn nicht klar ist, wer hinter dem Attentat in Gaziantep steckt, vermutet die türkische Regierung den IS dahinter. Die Terrormiliz soll nun von der türkisch-syrischen Grenze zurückgedrängt werden. Artillerie hat am Montag Fernsehberichten von CNN-Türk und NTV zufolge Stellungen von Dschihadisten, aber auch von Kurden in Nordsyrien angegriffen. Im Visier der Armee waren demnach Ziele der Miliz Islamischer Staat in Dscharablus sowie der Kurdentruppe PYD nahe Manbidsch. Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte zuvor gesagt, die Grenzregion müsse vollständig vom IS "gesäubert" werden.

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