Süddeutsche Zeitung

Straßenverkehrsordnung:Bundesrat soll über Tempolimit abstimmen

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Von Markus Balser und Uwe Ritzer, Berlin

In die seit Jahrzehnten festgefahrene Debatte über ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen kommt endgültig Bewegung. Bereits an diesem Freitag könnte das Vorhaben einer Geschwindigkeitsbegrenzung eine entscheidende Hürde nehmen. Dann stimmt der Bundesrat über eine Forderung von Fachleuten der Länderkammer ab. Einer Empfehlung des Umweltausschusses zufolge soll es künftig in Deutschland eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 130 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen geben. Der Bundesrat berät dann über die von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) geplante Novelle der Straßenverkehrsordnung. Eigentlich sollte es dabei vor allem um die Sicherheit von Radfahrern gehen. Doch der Umweltausschuss will mit seiner Empfehlung auch das Tempolimit auf die Tagesordnung setzen. Das harmonisiere die europäischen Verkehrsverhältnisse, reduziere Kraftstoffverbrauch und klimaschädliche Emissionen und erhöhe die Verkehrssicherheit, heißt es zur Begründung. Deutschland ist das letzte Land in Europa, das kein generelles Tempolimit hat. Auch Polizeigewerkschaften sprechen sich dafür aus.

Umweltverbände erhöhen nun den Druck auf die Landespolitiker. "Der Bundesrat muss klarmachen, dass er anders als Herr Scheuer verstanden hat, dass Verkehrssicherheit und Klimaschutz Gebote der Stunde sind", sagt Verkehrsexperte Jens Hilgenberg. Die Zustimmung des Bundesrats wäre vor allem für Bundesverkehrsminister Scheuer eine herbe Schlappe. Er lehnt ein Tempolimit strikt ab. Allerdings wäre die Bundesregierung nicht an die Entscheidung des Bundesrats gebunden. Sie könnte die Novelle zurückziehen. Noch ist zudem offen, wie die Abstimmung im Bundesrat ausgeht. Mehrere Länder signalisierten am Wochenende inoffiziell Zustimmung. Öffentlich äußerte sich nur Brandenburgs Regierung und lehnte den Vorschlag ab: Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ist nach Angaben des dortigen Verkehrsministers Guido Beermann (CDU) kein Thema.

Auch jahrelang festgelegte Lobbyverbände sind inzwischen heillos zerstritten. Den ADAC hat das Thema in eine Grundsatzdebatte gestürzt. Zwar hält sich die Zahl der Beschwerden und Austritte von Mitgliedern laut Insidern in Grenzen, doch in den 18 Regional- und 1800 Ortsclubs wächst der Unmut. Von Verrat an einer Kernposition ist die Rede, nachdem der ADAC zum Jahreswechsel seine Ablehnung aufgegeben hatte. Das für Verkehrsthemen zuständige ADAC-Präsidiumsmitglied Gerhard Hillebrand bekräftigte am Wochenende aber die Abkehr vom strikten Nein. "Wir haben aus der Vergangenheit gelernt. Wenn das Meinungsbild der Mitglieder so gespalten ist, enthalten wir uns einer Positionierung", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Der ADAC stecke im tiefen Wandel "vom Pannenhelfer zum Helfer in Sachen Mobilität allgemein", so Hillenbrand. "Wir können nicht übersehen, dass Mobilität mehr ist als Auto. Aber selbstverständlich auch Auto."

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SZ vom 10.02.2020
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