Süddeutsche Zeitung

Syrien:Russlands Wahl

Wenn der Waffenstillstand Sinn machen soll, muss Moskau nun gegen Assad vorgehen. Sonst verliert es die Glaubwürdigkeit.

Von Paul-Anton Krüger

Manchmal ist es in der Diplomatie sinnvoll, mit konstruktiver Zweideutigkeit zu arbeiten oder gar an Annahmen festzuhalten, von denen die Verhandlungsparteien wissen, dass sie nicht zutreffen. Das kann dazu beitragen, Differenzen zu überbrücken und Ergebnisse zu erzielen, die es im Nachhinein ermöglichen, über das eine oder andere verschiedener Meinung zu bleiben. Die Feuerpause in Syrien könnte ein solcher Fall sein - allerdings nur, wenn ihre Garantiemächte nun endlich willens und in der Lage sind, tatsächlich durchzusetzen, dass die Waffen schweigen.

Russland sollte, wie es unentwegt selbst bekundet, ein Interesse haben, den Krieg in Syrien unter UN-Vermittlung mit einer politischen Lösung zu beenden und Hoffnung auf dauerhaften Frieden zu schaffen - erst recht, wenn nach Moskaus Meinung die Golfstaaten und die Europäer den Wiederaufbau bezahlen sollen.

Dann aber wird es nicht reichen, einen freundlichen Appell an Präsident Baschar al-Assad zu richten, er möge doch bitte während der Friedensgespräche in Genf seine Luftwaffe am Boden lassen. Das Regime will mit Unterstützung Irans und seiner Söldner-Heere von schiitischen Dschihadisten klar erkennbar einen anderen Weg gehen und nach Aleppo auch rund um Damaskus die moderaten Rebellen auslöschen. Russland kann jetzt seine Macht in Syrien nutzen - oder endgültig seine Glaubwürdigkeit verlieren.

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SZ vom 24.02.2017
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