Süddeutsche Zeitung

Österreich-Kolumne:Warum Südtirol doch zu Österreich gehört

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Bozen nähert sich politisch immer mehr Wien an. Schon bisher lief die Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und Medien wie geschmiert. Jetzt gibt es auch einen Abhörskandal und Zoff in der Südtiroler Volkspartei.

Von Martin Zips

Letztlich gehört Südtirol halt doch zu Österreich. Man schaue sich nur mal die vielen Südtiroler an, die ihre Kinder zum Studium nach Wien, Innsbruck oder Graz schicken. Man schaue sich auch die Österreicher an, die so gerne Kastelruther Spatzen hören.

Auch politisch nähert man sich immer mehr der Wahldemokratie Österreich an. Endlich hat auch Südtirol seinen eigenen Abhörskandal, nur dass es hier nicht um Videos geht, die bei einer lustigen Red-Bull-Party auf einer Baleareninsel aufgenommen wurden. Statt einer schönen Oligarchennichte spielt ein nicht so schöner Busunternehmer die Hauptrolle, statt SMS gelangten Telefonate an die Öffentlichkeit. Aber an "kriegst eh alles was du willst" mangelt es auch hier nicht. Höchstens an Kaviar, Gummibärli und Dosenbier wie in HC Straches Einkaufslisten.

Jahrzehntelang sonnte sich die Südtiroler Volkspartei, Schwesterpartei der ÖVP sowie Speerspitze der Deutschsprachigen gegen "die in Rom", in ihren Wahlergebnissen. Die Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und der regionalen Medienmacht Athesia (Lokalblatt Dolomiten) lief wie geschmiert. Wer es sich mit dem früheren SVP-Landeshauptmann Luis Durnwalder nicht verscherzte, der hatte nichts zu befürchten. Bis 2014 der Generationswechsel eingeläutet wurde. Gut, da hätte es schon den ein oder anderen aufstrebenden Jung-SVPler von Durnwalders Gnaden geben, der diesen Stil fortgesetzt hätte. Einen von den rhetorisch begabten Studienabbrechern, die es im Slim-Fit-Anzug seinerzeit auch in Wien ins Kanzleramt geschafft haben.

Nur ein paar Posten für Durnwalders Lieblinge

Aber in Südtirol wurde es dann halt doch der unbescholtene Kommunalpolitiker Arno Kompatscher, der als neuer Landeshauptmann dem Filz den Krieg erklärte - und der deshalb bis heute vom Filz gehasst wird. Um die alten Konservativen nicht ganz gegen sich aufzubringen, verteilte Kompatscher zwar auch Posten an junge Durnwalder-Lieblinge, doch ruhiger wurde es nicht. Als Zug- und Buslinien neu vergeben werden sollten, ein mächtiger Unternehmer Angst um seine Pfründe bekam und Mails geleakt wurden, da schaltete sich die Bozner Staatsanwaltschaft ein, die zwar kein Ferienhaus verkabelte, aber das ein oder andere Telefonat abhörte. Dort war dann vom Südtiroler Landesrat Thomas Widmann zu vernehmen, er werde Kompatscher "hupfen lassen" (absägen), jemand anderes meinte, man solle die italienischen Rechtsradikalen gegen "Arno" mit ins Boot holen. Die Athesia berichtete wenig, andere viel. So warteten alle nur darauf, dass - wie in Österreich - am Ende vielleicht noch ein Whistleblower wegen Drogenhandels verhaftet wird.

Und so hat man dieser Tage schon den Eindruck, dass sich Bozen und Wien so nahe sind wie Schnalstal und Ötztal. Ob Sebastian Kurz bald Kompatschers Widersacher ins Silicon Valley holt? Ob der jetzige Landeshauptmann über den Similaungletscher flieht? Ob eine russische Oligarchin demnächst in den Südtiroler Nahverkehr einsteigt oder Luis Durnwalder mit Silvio Berlusconi die Athesia übernimmt? Es ist alles ein einziger rot-weiß-roter Walzer, an der schönen blauen Etsch.

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