Süddeutsche Zeitung

Südamerika:Papst Franziskus auf Pilgerreise in ein gespaltenes Land

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Der Papst hat vor Beginn seiner Reise nach Kolumbien das südamerikanische Land für seine Friedensbemühungen gelobt. "Kolumbien sucht den Frieden und arbeitet dafür seit langer Zeit", sagt Franziskus in einem vom Vatikan veröffentlichten Video. Das Kirchenoberhaupt beginnt seine sechstägige Reise an diesem Mittwoch. Sie steht unter dem Motto "Tun wir den ersten Schritt". Der Papst sagte, er komme als "Pilger von Hoffnung und Frieden", um gemeinsam mit dem Volk den Glauben zu feiern und von der "Nächstenliebe und Hartnäckigkeit bei der Suche nach Frieden und Harmonie" der Kolumbianer zu lernen.

Bei dem Aufenthalt soll die Aussöhnung zwischen Regierung und Rebellen im Mittelpunkt stehen. Im November 2016 hatte Bogotá nach einem halben Jahrhundert ein historisches Friedensabkommen mit den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (Farc) geschlossen, der größten Guerillagruppe des Landes. Und am Montag einigte sich die letzte aktive große Rebellengruppe ELN mit der Regierung auf eine Waffenruhe. Regierung und Guerilla hatten sich bei ihren Verhandlungen in Ecuador das Ziel gesetzt, sich vor Franziskus' Eintreffen zu einigen. Die Waffenruhe soll am 1. Oktober in Kraft treten.

Die Amnestie geht einigen zu weit

Das Nationale Befreiungsheer (ELN) bekämpft die Regierung seit den frühen 1960er Jahren, als auch die Farc-Rebellen den Kampf gegen Großgrundbesitzer und für soziale Gerechtigkeit aufnahmen. Heute zählt die ELN-Guerilla rund 1500 Kämpfer. Die Entwaffnung der Farc ist nach UN-Angaben abgeschlossen. Die Gruppe konstituierte sich am Freitag als politische Partei namens Alternative Revolutionäre Kraft des Volkes, abgekürzt ebenfalls Farc.

Im Konflikt zwischen der Armee, ultrarechten Paramilitärs sowie der Farc-Guerilla und anderen linken Rebellen wurden in Kolumbien mehr als 260 000 Menschen getötet. Mehr als 60 000 Menschen gelten als vermisst, etwa sieben Millionen Menschen ergriffen vor den Kämpfen die Flucht.

Das Friedensabkommen zwischen Farc-Rebellen und der Regierung von Präsident Juan Manuel Santos stößt im rechten Lager allerdings auf erheblichen Widerstand. Es wird angeführt vom ehemaligen Staatschef Álvaro Uribe. Die Gegner des Abkommens sind der Ansicht, dass die Guerilla zu glimpflich wegkommt. Das vom kolumbianischen Parlament im Dezember verabschiedete Amnestiegesetz für die Farc-Rebellen werten sie als "Verrat". Auch in der sehr konservativen Amtskirche gibt es Widerstände.

Der Papst versucht zu vermitteln

Der Papst versucht, im Streit um Straferlass für die Täter und Entschädigung für die Opfer zwischen Santos und Uribe zu vermitteln - bislang ergebnislos. Das Motto des Besuchs von Franziskus, "Tun wir den ersten Schritt", bedeute, "das Leid der anderen anerkennen und denen vergeben, die uns verletzt haben", sagt der kolumbianische Militärbischof Fabio Suescún. Er leitet auch das mit der Papstreise betraute Organisationskomitee.

Der kolumbianische Kurienerzbischof José Octavio Ruiz, Mitglied der päpstlichen Delegation, wies darauf hin, dass das Oberhaupt der katholischen Kirche in ein "sehr polarisiertes Land" komme. Er wisse aber auch, "dass alle Kolumbianer nach Frieden im Geist von Einheit und Gerechtigkeit dürsten". Ein solcher Frieden sei "nur möglich, wenn die Gründe für soziale Ungerechtigkeit, Ungleichheit und Unterdrückung angegangen" würden.

Franziskus' "Hauptquartier" wird die Apostolische Nuntiatur in der Hauptstadt Bogotá sein. Von dort aus wird er mit dem Flugzeug in die Städte Villavicencio, Medellín und Cartagena reisen. In Bogotá sind Treffen zur Krise in ihrem Land vorgesehen mit Präsident Santos sowie mit führenden Vertretern der katholischen Kirche Venezuelas. In Villavicencio will der Papst zwei im kolumbianischen Konflikt getötete katholische Priester selig sprechen. Den Abschluss der Reise bildet die Stadt Cartagena. Dort wird Franziskus in der Kirche des als Sklaven-Seelsorgers bekannten Jesuitenpaters Pedro Claver beten. Die Veranstalter erwarten Millionen Gläubige aus ganz Lateinamerika, dem größten Kontinent katholischen Glaubens.

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SZ vom 06.09.2017 / SZ
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