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Südamerika:Boliviens Präsident Evo Morales tritt zurück

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Nach wochenlangen Protesten der Bevölkerung hat Boliviens Präsident Evo Morales am Sonntag seinen Rückzug angekündigt. Er habe dem Parlament ein Rücktrittsschreiben geschickt, sagte der seit 13 Jahren regierende Morales in einer Fernseh-Ansprache: "Unser großer Wunsch ist es, dass der soziale Frieden wiederkehrt." Auch sein Vizepräsident Álvaro García Linera, mehrere Kabinettsminister sowie der Präsident der Abgeordnetenkammer, Víctor Borda, und die Chefin des Wahltribunals, María Choque Quispe, traten zurück.

Zuvor hatte der Militärchef, General Williams Kaliman, den Rückzug des linken Staatschefs gefordert. "Nach Analyse der Lage des inneren Konflikts bitten wir den Präsidenten, zurückzutreten, es zu erlauben, Frieden wiederherzustellen und Stabilität zum Wohle unseres Boliviens zu erhalten", erklärte Kaliman. Unabhängig von ihm trat auch Polizeichef Vladimir Calderón Mariscal mit einer Rücktrittsforderung vor die Kameras.

Morales selbst hatte erklärt, Neuwahlen anzusetzen und die Wahlkommission auszutauschen. Dabei hatte er die Frage offen gelassen, ob er erneut antreten werde.

Der Präsident war zuletzt stark unter Druck geraten. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte Neuwahlen in Bolivien empfohlen, weil sie bei dem Urnengang am 20. Oktober nach eigenen Angaben ernste Unregelmäßigkeiten festgestellt hatte. Es habe schwerwiegende Manipulierungen der Computersysteme gegeben. Daher müsse die Wahl annulliert werden und es zu Neuwahlen kommen, hatte die OAS erklärt.

Bei der Wahl im Oktober lagen Morales und Oppositionsführer Carlos Mesa zunächst Kopf-an-Kopf. Die Auszählung wurde dann für einen Tag unterbrochen. Nach ihrer Wiederaufnahme führte der Linke Morales, der das Land seit 2006 regiert, mit zehn Prozentpunkten Vorsprung. Das löste massive Proteste im Land aus.

Morales regierte Bolivien seit 2006. Der 59-jährige frühere Koka-Bauer hatte sich zum dritten Mal zur Wiederwahl gestellt, obwohl die Verfassung höchstens eine Wiederwahl vorsieht. Morales überwand diese Hürde mit Hilfe der Justiz, die die Begrenzung der Amtszeiten als Verletzung seiner Menschenrechte bezeichnete.

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