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Streit um Gefangene:Afghanistan will Häftlinge trotz US-Warnungen freilassen

Konfrontation zwischen Kabul und Washington: Nach dem Willen der afghanischen Regierung sollen 72 Häftlinge freikommen, die von den Vereinigten Staaten als gefährliche Taliban-Kämpfer eingestuft werden. Es ist nicht das erste Mal, dass Präsident Karsai die Machtprobe mit den USA sucht.

Die USA und Afghanistan streiten über die geplante Freilassung von Häftlingen durch die Regierung in Kabul. 72 Insassen eines Gefängnisses in Bagram seien unschuldig, gegen sie lägen keine Beweise vor, teilte ein Sprecher von Präsident Hamid Karsai mit. Washington stuft die Gefangenen als besonders gefährlich ein.

Die afghanischen Behörden hatte die Anschuldigungen gegen insgesamt 88 Verdächtige geprüft. Nach Einschätzung der Regierung liegen gegen 45 von ihnen gar keine Beweise vor, bei 27 weiteren gebe es nur unzureichende Indizien. Die 16 übrigen sollen hinter Gittern bleiben.

Die US-Regierung hatte gewarnt, es handele sich um gefährliche Taliban-Kämpfer, die sich angesichts des allmählichen Abzugs der internationalen Kampftruppen aus Afghanistan wieder in die Kämpfe einschalten könnten und eine "ernsthafte Bedrohung" darstellten. Zusammen seien sie für den Tod von 60 Nato-Soldaten und 57 afghanischen Zivilisten verantwortlich.

US-General Joseph Dunford, der die Nato-Truppen in Afghanistan kommandiert, legte offiziell Einspruch gegen die Freilassung ein. Die afghanischen Sicherheitsbehörden hatten das Gefängnis auf dem Luftwaffenstützpunkt Bagram erst kürzlich vom US-Militär übernommen.

Der Streit um die Gefangenen ist eine weitere Belastung für das angespannte Verhältnis zwischen Washington und Kabul. Die USA drängen den afghanischen Präsidenten Karsai seit Wochen, ein Sicherheitsabkommen zu unterzeichnen, das Grundlage für das geplante internationale militärische Engagement nach dem Auslaufen des Nato-Kampfeinsatzes Ende des Jahres sein soll.

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