Süddeutsche Zeitung

Straßburg:Klage gegen Minarett-Verbot

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Das Minarett-Verbot in der Schweiz soll vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte überprüft werden. Unsicher ist, ob die Klage angenommen wird.

Das umstrittene Schweizer Minarett-Bauverbot soll vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte überprüft werden. Das verlangt der frühere Sprecher der Moschee in Genf, Hafid Ouardiri.

Deswegen habe er am Dienstag eine Beschwerde bei dem Straßburger Gericht eingereicht, sagte Quardiri im Schweizer Fernsehen. Das Ende November bei einer Volksabstimmung mit überraschend großer Mehrheit angenommene Verbot sei unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, hieß es zur Begründung. Experten äußerten Zweifel, dass die Klage angenommen wird.

Regierung würde Entscheidung begrüßen

Quardiri sagte, die Schweiz beschränke mit dem generellen und absoluten Verbot des Baus von Minaretten die Religionsfreiheit der Moslems. Das Verbot sei zudem diskriminierend, weil es nur für eine Religion gelte und nicht für alle. Die Klage in Strassburg sei die "Antwort auf die Gewalt, welche die Initiative ausgelöst hat", so Ouardiri.

Zwar hatte sich auch die Regierung gegen ein Bauverbot ausgesprochen, sieht die Religionsfreiheit aber nicht eingeschränkt. Jedoch würde sie wohl eine Entscheidung des Gerichtes begrüßen, hieß es in Bern dazu. Rechtsexperten gehen davon aus, dass die Eingabe auch deswegen keine Chance hat, weil Quardiri von dem Bauverbot nicht direkt betroffen ist.

Bei der Ablehnung eines Baugesuches müssten erst einmal alle Schweizer Justizinstanzen durchlaufen werden, bevor eine Klage in Straßburg eingereicht werden könne. Auch dann sei es fraglich, ob sie angenommen würde.

Direkter Weg nach Straßburg wäre möglich

Nach Angaben von Gerichtspräsident Jean-Paul Costa hat sich der Gerichtshof noch nie mit einem Fall wie der Schweizer Minarett-Entscheidung befassen müssen oder über das Ergebnis einer Volksabstimmung eines Landes geurteilt.

Costa schließt aber grundsätzlich die Möglichkeit nicht aus, dass sich das Gericht damit befasst, wie er kürzlich dem Schweizer Fernsehen sagte. Da die Entscheidung einer Volksabstimmung vor dem höchsten Schweizer Bundesgericht nicht angefochten werden kann, könnte der direkte Gang nach Straßburg dann möglich sein, wenn man sich in seiner Religionsausübung behindert sehe.

Klagen könnten in jedem Fall Betroffene in der Gemeinde Langenthal 60 Kilometer südlich von Basel. Die Islamische Glaubensgemeinschaft Langenthal hatte sofort nach der Volksabstimmung angekündigt, nach Straßburg zu ziehen. Sie hat bereits ein Baugesuch für ein Minarett gestellt.

Unterdessen macht ein Geschäftsmann in Bussigny bei Lausanne Schlagzeilen, weil er ohne Bewilligung den schon bestehenden vier Minaretten in der Schweiz ein fünftes hinzugefügt hat.

Es steht auf dem Schornstein seines Lagerhauses. Guillaume Morand, der eine Schuhladenkette besitzt spricht von einer "Weihnachtsdekoration". Er will aber auch seinen Protest gegen das Minarettverbot zum Ausdruck bringen, wie er der Zeitung Le Matin sagte.

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