Süddeutsche Zeitung

Regierungskrise in Österreich:Strache legt Ämter nieder

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Heinz-Christian Strache ist nach der Veröffentlichung eines Enthüllungsvideos von seinen Ämtern als österreichischer Vizekanzler und Vorsitzender der rechtspopulistischen FPÖ zurückgetreten. Das teilte Strache auf einer Pressekonferenz am Nachmittag mit. Zuvor war er mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zusammengetroffen und hatte seinen Rücktritt angeboten.

Seine Partei wolle die Koalitionsregierung mit der ÖVP fortführen, sagte Strache. Seine Person dürfe nicht der Grund dafür sein, die Regierung zu sprengen. Als seinen Nachfolger brachte er den derzeitigen FPÖ-Vizechef und Infrastrukturminister Norbert Hofer ins Spiel.

Unklar ist bisher, ob auch Bundeskanzler Kurz an der Regierungskoalition festhalten will. Eine Stellungnahme des Kanzlers wurde zunächst für 14 Uhr angekündigt, dann aber auf den Nachmittag verschoben. Die Tageszeitung "Kurier" hatte berichtet, Kurz strebe Neuwahlen an.

Strache war unter Druck geraten nachdem die Süddeutsche Zeitung und das Nachrichtenmagazin Der Spiegel am Freitagabend ein belastendes Video von ihm veröffentlicht hatten, dass den FPÖ-Chef 2017 in einer Villa auf Ibiza im Gespräch mit einer Frau zeigt, die ihm als angebliche Nichte eines russischen Oligarchen vorgestellt worden sein soll. Strache stellte ihr bei dem Gespräch, an dem auch der bisherige FPÖ-Fraktionsvorsitzende Johann Gudenus teilnahm, unter anderem Staatsaufträge in Aussicht.

Gudenus teilte ebenfalls am Samstag mit, als Fraktionschef der FPÖ im Nationalrat zurücktreten zu wollen und alle Parteiämter aufzugeben. Er bedauere zutiefst, das Vertrauen von Wählern, Funktionären und Mitarbeitern enttäuscht zu haben, heißt es in einer Erklärung. Der Politiker gilt als Straches politischer Ziehsohn und einer seiner engsten Vertrauten.

Strache bezeichnete die Veröffentlichung des Videos als Medienkampagne und als "politisches Attentat". Es habe bereits des öfteren "dirty campaigning und Verleumdungskampagnen" gegeben, aber so etwas habe er noch nicht erlebt, sagte der 49-Jährige im Kreis von FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl, Sozialministerin Beate Hartinger-Klein und Verkehrsminister Norbert Hofer. Strache betonte, dass er bei dem Treffen mehrmals auf die rechtliche Lage in Österreich gepocht habe. An jenem Abend sei reichlich Alkohol geflossen, und nannte den Vorfall eine "b'soffene G'schicht". Er bedauere seine Aussagen und bezeichnete sie als "katastrophal und ausgesprochen peinlich". "Ich habe mich prahlerisch und wie ein Teenager verhalten".

Österreichs Opposition fordert nun Neuwahlen.

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