Süddeutsche Zeitung

Österreich:Strache ließ angeblich politische Weggefährten bespitzeln

Lesezeit: 2 min

Von Oliver Das Gupta, Wien

Der österreichische Rechtspopulist Heinz-Christian Strache soll langjährige Weggefährten aus der Freiheitlichen Partei (FPÖ) beschatten haben lassen. Die Kronen Zeitung berichtet an diesem Donnerstag, dass Strache nach seinem Rücktritt als FPÖ-Vorsitzender und Vizekanzler im Zuge der Ibiza-Affäre Detektive engagiert hat.

Die Ermittlungen richteten sich demnach gegen Straches langjährigen Vertrauten Johann Gudenus, aber auch gegen aktives FPÖ-Spitzenpersonal: Auch Dominik Nepp, der amtierende Chef der Wiener FPÖ, soll durch einen Mann und ein Pärchen ausspioniert worden sein. Nepp ist wie Gudenus ein langjähriger politischer Weggefährte Straches.

Die Boulevardzeitung zeigte mehrere Bilder, die heimlich von Gudenus aufgenommen wurden. Unter anderem soll er während einer Fiakerfahrt und bei Gesprächen mit Politikern fotografiert worden sein.

Die Zeitung bezieht ihre Angaben aus einem Verschlussakt der Staatsanwaltschaft Wien sowie des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT). Das von einer Detektei erstellte "Überwachungs-Dossier" sei bei einer Razzia der "Soko Ibiza" in Straches Klosterneuburger Anwesen gefunden worden.

Strache bestreitete inzwischen, Auftraggeber der Bespitzelungen gewesen zu sein. Er räumte aber ein, davon gewusst zu haben. Es habe "engagierte Bürger" gegeben, die die Ibiza-Affäre mit Hilfe von Detektiven hatten aufklären wollen.

Strache hatte zusammen mit Gudenus auf Ibiza mit einer vermeintlich schwerreichen Russin darüber verhandelt, die Kontrolle über die auflagenstarke Kronen Zeitung zu übernehmen und sich dabei offen für dubiose Deals gezeigt. Doch die Russin war ein Lockvogel, das Treffen wurde heimlich gefilmt.

Süddeutsche Zeitung und Spiegel machten die Aufnahmen am Abend des 17. Mai 2019 publik. Strache und Gudenus traten darauf von ihren Ämtern zurück, Gudenus trat außerdem aus der FPÖ aus und ist seitdem Privatier.

Für Gudenus' Anwalt ist die kolportierte Bespitzelung seines Mandanten nicht nachvollziehbar. Strache sollte mittlerweile erkannt haben, dass Gudenus selbst Opfer einer Videofalle geworden sei, sagte er am Donnerstag dem Ö1-Mittagsjournal.

Nach Ibiza wuchs Straches Argwohn

Strache war von Gudenus mit der vermeintlichen russischen Multimillionärin bekannt gemacht worden, allerdings richtete sich der Argwohn des gestürzten FPÖ-Chefs nicht nur gegen seinen politischen Ziehsohn. In der FPÖ wird beschrieben, wie Strache große Distanz zum Parteistrategen Herbert Kickl gezeigt habe.

Am Abend der Veröffentlichung des Ibiza-Videos am 17. Mai war es nach Informationen von SZ und Spiegel der damalige Innenminister, der Strache zum Rücktritt drängte.

Straches FPÖ-Mitgliedschaft war im Zuge einer Spesen-Affäre im Oktober suspendiert worden. Am 13. Dezember erfolgte dann der Ausschluss des langjährigen Vorsitzenden wegen parteischädigenden Verhaltens durch den Wiener Landesverband. Dessen Chef: Dominik Nepp, dessen Beschattung nun publik geworden ist.

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