Süddeutsche Zeitung

Störfälle im AKW:Krümmel abschalten - für immer

Inzwischen zweifeln auch Atombefürworter an der Zuverlässigkeit des Reaktors Krümmel. Als Symbol für einen Ideologiestreit taugt er aber nicht.

R. Wiegand

Das Kernkraftwerk Krümmel ist wie ein altes Auto. Fahren kann es schon lange nicht mehr, stattdessen steht es in der Garage und beschäftigt die Mechaniker: löten, schrauben und lackieren.

Und sollte sich der Motor doch mal für eine kurze Probefahrt starten lassen, findet sich an der ersten Kreuzung der nächste Grund für einen Werkstattaufenthalt.

Das Automodell Krümmel dürfte längst nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen - der 26 Jahre alte Reaktor aber soll offenbar unter allen Umständen wieder ans Netz. Zwei Jahre lang war die Anlage nahe Geesthacht außer Betrieb, nachdem dort 2007 nach einem Störfall ein Feuer ausgebrochen war.

Nachdem der Reaktor vor wenigen Tagen wieder angefahren wurde, kam es wieder zu zwei Störungen. Eine davon ist laut Aufsichtsbehörde gravierend zu nennen - in Hamburg fiel der Strom aus. Inzwischen zweifeln auch atomtreue Unions-Politiker an der Zuverlässigkeit des Reaktor-Dinos.

Krümmel dürfte Wahlkampfthema werden. Dabei taugt der Meiler an der Elbe gar nicht als Symbol für einen Ideologiestreit für oder wider die Atomkraft.

Er ist unabhängig vom Nutzen oder Schaden der Kernkraft eine Zumutung für die Bevölkerung - als Einzelfall. Das Kraftwerk zerstört das Vertrauen in die Nukleartechnologie an sich.

Und das Beispiel des Atomlagers Asse zeigt derzeit sehr anschaulich, was Vertrauensverlust in dieser Branche bedeutet: Ablehnung, Wut, politischen Widerstand. Nur wegen Asse blühte die Endlagerdiskussion neu auf.

Selbst diejenigen, die sich generell für einen Ausstieg aus dem Atomausstieg stark machen, sollten daher dafür sorgen, dass die alte Karre Krümmel nie mehr durch den TÜV kommt.

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Quelle:
SZ vom 06.07.2009
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