Süddeutsche Zeitung

SPD-Reaktionen auf Schulz-Rückzug:"Das zeugt von beachtlicher menschlicher Größe"

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Lob für "politische Tugend" und Selbstlosigkeit, aber auch Kritik am "Männerzirkus": So kommentieren SPD-Politiker Martin Schulz' Verzicht auf einen Ministerposten.

Die SPD-Fraktionschefin und designierte Parteivorsitzende Andrea Nahles zollt Martin Schulz "höchsten Respekt und Anerkennung" für seinen Verzicht auf ein Regierungsamt. Schulz habe in den Koalitionsgesprächen einen großen Verhandlungserfolg erzielt, erklärt Nahles schriftlich. "Wir alle wissen daher, wie schwer ihm diese Entscheidung nun gefallen ist, sich persönlich zurück zu nehmen. Das zeugt von beachtlicher menschlicher Größe." Sie gehe davon aus, dass die SPD sich jetzt voll auf die inhaltliche Debatte konzentrieren könne.

Schulz hatte überraschend erklärt, dass er doch nicht Außenminister werden will. Zuvor war der Druck auf ihn gestiegen, da er nach der Wahl erklärt hatte, keinesfalls in ein Kabinett unter Angela Merkel einzutreten. Bei Abschluss der Koalitionsverhandlungen kündigte er dann dennoch an, Sigmar Gabriel im Außenamt beerben zu wollen. Das Amt des SPD-Chefs wollte er Andrea Nahles überlassen.

Die geschäftsführende Bundesumweltministerin Barbara Hendricks sagte der Rheinischen Post, die Entscheidung zeuge "von der höchsten politischen Tugend, nämlich persönliche Interessen hinter denen des Landes zurückzustellen". SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil schrieb auf Twitter, es spreche für Martin Schulz, dass dieser Ambitionen zurückstelle, um einen "neuen europäischen Aufbruch" zu gestalten.

SPD-Vize Ralf Stegner hat den Verzicht ebenfalls begrüßt. "Das ist ein Schritt, für den ich großen Respekt habe", sagte der Landesvorsitzende der schleswig-holsteinischen SPD. "Der Schritt war unausweichlich." Ähnlich reagiert SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach: "Martin Schulz stellt das Gelingen einer guten Regierung vor Amt und Person! Davor muss man Respekt haben", schrieb Lauterbach auf Twitter.

Juso-Chef Kevin Kühnert will trotz des Rückzugs von Schulz mit seiner Kampagne gegen die große Koalition weiter machen. "Rücktritte hat man hinzunehmen. Wir als Jusos stellen uns seit Wochen darauf ein, inhaltliche Diskussionen zu führen, unabhängig davon, wer welche Ämter anstrebt", sagte Kühnert. Der Juso-Chef wollte sich nicht konkret zu der Entscheidung von Schulz äußern. "Jetzt, nachdem die Personalie vom Tisch ist, wollen wir nicht die nächste Personalie aufrufen." Wichtig sei es, in den kommenden Wochen im Zuge der Kampagne über Inhalte des Koalitionsvertrages zu reden, nicht über Köpfe.

Darüber, wie Schulz selbst sich wohl gerade fühlen möge, sagte Andrea Nahles gegenüber Reuters TV: "Ich glaube, der muss das erstmal verdauen." Weitere Personaldebatten möchte Nahles vertagen. Auf die Frage, ob Sigmar Gabriel Bundesaußenminister bleiben könne, sagt Nahles vor Journalisten, dass sehr bald in den Parteigremien über den weiteren Fahrplan beraten werde. Jetzt gehe es aber darum, sich auf die Inhalte des Koalitionsvertrages vor dem Mitgliederentscheid zu konzentrieren.

Der Sprecher des konservativen Flügels in der SPD, Johannes Kahrs, spricht sich für einen Verbleib von Sigmar Gabriel im Amt des Bundesaußenministers aus. Alles andere würde er jetzt nicht mehr verstehen, erklärt der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises auf Twitter. Der SPD-Fraktionsvize Sören Bartol rüffelt Kahrs dafür: "Lieber Johannes. Wir haben klar gesagt, dass wir NACH dem Mitgliedervotum über Personen reden", kommentiert Bartol.

Die ehemalige Juso-Vorsitzende und SPD-Vorstandsmitglied Johanna Uekermann twittert: "Sagt Bescheid, wenn dieser Männerzirkus vorbei ist. Ich hab's satt."

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