Süddeutsche Zeitung

Iran:Mehr als 100 Tote nach Explosionen am Todestag Soleimanis in dessen Heimatort

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Die Hintergründe sind noch unklar. Iran spricht von Terror und kündigt eine entschiedene Reaktion an. Der iranische General wurde vor genau vier Jahren von den USA gezielt getötet und wird von systemtreuen Iranern als Märtyrer verehrt.

Am Todestag des iranischen Generals Qassim Soleimani sind in dessen Heimatstadt Kerman bei zwei Explosionen mindestens 103 Menschen in den Tod gerissen worden. Mehr als 140 weitere Menschen seien verletzt worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna unter Berufung auf den Rettungsdienst. Kermans Vizegouverneur sprach von einer Terrorattacke.

Irans Innenminister hat eine entschiedene Reaktion angekündigt. "Natürlich werden die Sicherheitsbehörden, das Militär und die Strafverfolgungsbehörden kurzfristig und mit Nachdruck reagieren", sagte Ahmad Wahidi dem Staatsfernsehen. Wahidi sagte, die meisten Menschen seien bei der letzten der zwei Explosionen ums Leben gekommen. Die genauen Hintergründe werden demnach untersucht. "Unsere Polizeikräfte sind wachsam und werden diejenigen, die dieses Verbrechen begangen haben, zur Rechenschaft ziehen."

Der Hintergrund für die Explosionen ist noch unklar. Bislang hat keine Gruppe den mutmaßlichen Anschlag für sich reklamiert. Terrorangriffe in diesem Ausmaß sind in Iran äußerst selten. Bilder von den Anschlagsorten zeigten blutüberströmte Gehwege, beschädigte Fahrzeuge und zerfetzte Kleidungsstücke. Während einer Live-Schalte einer Reporterin des Staatsfernsehens waren Retter zu sehen, die mit Verletzten im Hintergrund in ein Krankenhaus eilten.

Kerman ist die Heimat von Qassim Soleimani, dem früheren Kommandeur der Auslandseinheiten der Islamischen Revolutionsgarde, auch Revolutionswächter (IRGC). Die USA hatten ihn am 3. Januar 2020 im Irak durch einen Drohnenangriff getötet. Von systemtreuen Regierungsanhängern wird Soleimani als Märtyrer verehrt. Propagandabilder des Generals prangen auch an Häuserwänden in der Hauptstadt Teheran.

Kerman liegt in der gleichnamigen iranischen Provinz im Südosten des Landes, umgeben von weiten Wüstengebieten. Auch am Mittwoch pilgerten Menschenmassen durch die Straßen der Provinzhauptstadt zu Soleimanis Grabstelle. Nur wenige Hundert Meter entfernt sollen sich die Explosionen ereignet haben. In einem live im Staatsfernsehen übertragenen Ausschnitt waren ein Knall und Schreie zu hören. In den Videos war zu sehen, wie Panik ausbrach und Menschen vom Ort der Explosionen flüchteten.

Zum Todestag Soleimanis will der Generalsekretär der libanesischen Schiiten-Organisation Hisbollah, Hassan Nasrallah, am Mittwochabend eine Rede halten. Vor dem Hintergrund der Tötung eines Anführers der islamistischen Hamas im Libanon wird sie mit Spannung erwartet. Es gibt Sorgen, dass der gewaltsame Tod von Saleh al-Arouri, Vizechef des Politbüros der Hamas, zu einer weiteren Eskalation des Konflikts mit Israel führen könnte. Die mit der Hamas verbündete Hisbollah, die als wichtigster nichtstaatlicher Verbündeter der Islamischen Republik gilt, hatte Vergeltung angekündigt.

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