Süddeutsche Zeitung

Seenot-Rettung:Die See wird noch rauer

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Während ein Rettungsschiff auf dem Mittelmeer mit 180 Menschen unterwegs ist, kündigt Italiens neue Regierung Maßnahmen gegen Bootsflüchtlinge an.

Seenot-Rettungsorganisationen müssen sich voraussichtlich in Italien auf schwierige Zeiten einstellen. Die neue Premierministerin Giorgia Meloni von den Fratelli d'Italia sagte in ihrer Antrittsrede am Dienstag, ihre Regierung wolle die Ankünfte von Bootsmigranten verhindern, "illegale Abreisen stoppen und endlich den illegalen Menschenhandel im Mittelmeer zerbrechen". Abgestimmt mit den Ländern Nordafrikas, wolle sie in den "Hotspot-Gebieten" Zentren aufbauen, wo internationale Organisationen prüften, ob die Menschen Asylanspruch hätten. Man wolle verhindern, dass Schleuser entscheiden, wer nach Italien komme.

Am selben Tag teilte der neue Innenminister Matteo Piantedosi mit, Roms Außenministerium habe die Botschafter Norwegens und Deutschlands unterrichtet, NGO-Schiffe unter den Flaggen ihrer Länder stünden "nicht in Einklang mit den europäischen und italienischen Vorschriften zur Grenzsicherung und -kontrolle und zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung". Darüber, so der Lega-nahe Innenminister, habe er Polizei und Hafenaufsichten informiert, damit sie dies an ihre Einsatzkräfte weiterleiten.

Mit der Begründung, Vorschriften nicht zu erfüllen, wurden bereits Schiffe mehrerer NGOs in Italien beschlagnahmt, vor allem, als Lega-Chef Matteo Salvini Innenminister war, der auch mehrmals untersagte, dass Rettungsschiffe voller Migranten Häfen des Landes anlaufen. In seinem neuen Amt als Transportminister unterstehen ihm Häfen und Küstenwache.

Die Helfer stehen vor einem massiven Spendenrückgang

Unterdessen hat das deutsche Seenotrettungsschiff Humanity 1 im zentralen Mittelmeer 135 Migranten bei zwei Einsätzen aufgenommen, teilte die Berliner Organisation SOS Humanity am Dienstag mit. Mit den bereits am Samstag 45 Geretteten befänden sich nun 180 Migranten und Flüchtlinge an Bord. Darauf, dass die Seenotretter auch vor finanziellen Problemen stehen, hat Sophie Weidenhiller von der Hilfsorganisation Sea-Eye hingewiesen. Sie sagte bei einer Veranstaltung in Regensburg, die Spenden für die privaten Rettungsorganisationen seien dramatisch zurückgegangen. Möglicherweise müssten die Hilfsorganisationen ihre Rettungsmissionen reduzieren.

Bei derselben Veranstaltung machte die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD), der EU-Grenzschutzagentur Frontex massive Vorwürfe wegen der Abwehr von Flüchtlingen. "Frontex handelt total illegal. Die machen auch Pushbacks an Land. Sie schieben und schoben aktiv zurück", sagte Barley. Pushbacks sind Zurückweisungen Flüchtender an der Grenze. Frontex wurde schon oft vorgeworfen, Flüchtende auf dem Weg in die EU an deren Außengrenzen widerrechtlich abgewiesen zu haben. Deshalb versuche man derzeit, die Strukturen bei Frontex zu verändern. Personelle Konsequenzen seien bereits gezogen worden. Auch finanzielle Konsequenzen werde es voraussichtlich bald geben, sagte die SPD-Politikerin.

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