Süddeutsche Zeitung

Schweden:In der Hand der Populisten

Lesezeit: 2 min

Von Silke Bigalke, Stockholm

Als Königsmacher haben sie sich nach den Wahlen im September selbst gefeiert. Nun könnten die rechtspopulistischen Schwedendemokraten die Regierung stürzen. Von ihnen hängt ab, ob die schwedische Regierung am Mittwoch ihre erste Feuerprobe besteht. Dann stimmt das Parlament über den Haushaltsentwurf ab. Fiele er durch, würde dies Premierminister Stefan Löfven in eine Krise stürzen und womöglich zu Neuwahlen führen.

Löfvens Regierung aus Sozialdemokraten und Grünen hatte ohnehin einen wackeligen Start. Gemeinsam erreichten sie bei den Wahlen nur 38 Prozent der Stimmen. Obwohl die Linke ihren Haushaltsentwurf im Parlament unterstützt, reicht das nicht für eine Mehrheit. Hinzu kommt: Der Regierung steht eine Allianz von vier bürgerlichen Parteien in der Opposition gegenüber, die bisher fest zusammenhält. Von ihnen kann sie keine Unterstützung erwarten. Bleiben nur die Schwedendemokraten, die als großer Sieger mit 12,9 Prozent aus den Wahlen hervorgegangen sind. Alle Parteien im Parlament weigern sich bisher, mit ihnen zusammenzuarbeiten, denn die Schwedendemokraten haben rechtsextreme Wurzeln und wollen vor allem die Einwanderung stoppen. Am Mittwoch hängt dennoch alles von ihnen ab.

Die Schwedendemokraten genießen die Aufmerksamkeit

In Schweden stimmt die Opposition nicht einfach gegen den Haushaltsentwurf der Regierung, sie schickt eine Alternative ins Rennen. Der Vorschlag mit den meisten Stimmen gewinnt. Sowohl die bürgerliche Allianz als auch die Schwedendemokraten haben einen eigenen Entwurf. Da der Vorschlag der Rechtspopulisten ohnehin chancenlos ist, könnte es sein, dass sie sich hinter den Entwurf der Allianz stellen und den Regierungsentwurf überstimmen. Ob es so kommt, wollen die Schwedendemokraten an diesem Dienstag beschließen, einen Tag vor der Abstimmung. Bis dahin genießen sie es, im Mittelpunkt zu stehen.

Mattias Karlsson, stellvertretender Vorsitzender, wandte sich mit einem Kommentar im Aftonbladet an Premierminister Löfven. Er begann mit "Hej Stefan!", bot ihm eine Art Zusammenarbeit an und zählte Forderungen auf. Der ausführlichste Punkt betrifft die Einwanderung, die die Schwedendemokraten um 90 Prozent reduzieren möchte. Auch eine Verringerung um die Hälfte wäre ein Schritt in die richtige Richtung, schreibt Karlsson. Und am Ende: Ein Zeichen von Löfven würde die Entscheidung über die Abstimmung am Mittwoch erleichtern. Der Premier reagierte im Fernsehen: Die Schwedendemokraten hätten das Parlament in einen Kindergarten verwandelt. Eine Zusammenarbeit schloss er weiter aus.

Inhaltlich unterscheiden sich die Entwürfe von Allianz und Regierung nicht sehr. Beide möchten Geld für Schulen, Jobs und Wohnungen ausgeben. Die Regierung plant mit Steuererhöhungen und höheren Ausgaben als die Opposition. Ob diese es tatsächlich auf Neuwahlen anlegt, ist fraglich. Die Allianz-Parteien sind geschwächt aus der Wahl gekommen, bei der sie ihren Regierungsauftrag verloren haben. Und die Schwedendemokraten stehen ohne Vorsitzenden da, seitdem sich Jimmie Åkesson mit Burn-out-Syndrom krank gemeldet hat.

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Quelle:
SZ vom 02.12.2014
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