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Regierungserklärung:Scholz bekräftigt Skepsis gegenüber EU-Gaspreisdeckel

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Der Bundeskanzler unterstreicht in seiner Regierungserklärung die zurückhaltende Haltung Deutschlands zu einem europäischen Gaspreisdeckel. Mit Blick auf Russlands Präsident Putin sagt er, dieser habe sich "fundamental verrechnet".

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die skeptische Haltung Deutschlands zu einem europäischen Gaspreisdeckel bekräftigt. Der SPD-Politiker sagte am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Bundestag: "Einfache Sofortlösungen gibt es nicht. Zum Beispiel können wir nicht so in Preise eingreifen, dass dann zu wenig Gas nach Europa geliefert wird." Diese Einsicht sei auch wichtig für die Verständigung, an der der Energierat der EU am Dienstag weitergearbeitet habe. Scholz sagte aber, er sei sicher, dass es eine gute und pragmatische Verständigung gebe.

Die EU-Staaten hatten sich unter anderem wegen Vorbehalten Deutschlands erneut nicht auf einen europäischen Gaspreisdeckel einigen können. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, man habe bei dem Sondertreffen der Energieminister auch Fortschritte erzielt bei technischen Fragen und bei der Struktur des Mechanismus. Offen sei etwa noch, wie hoch der Preis sein solle. Diese Frage solle beim nächsten Energieministertreffen am Montag geklärt werden. Die EU-Kommission hatte unter dem Druck einer Vielzahl von Staaten vorgeschlagen, unter bestimmten Umständen den Preis für Gas, das am Großhandelsplatz TTF verkauft wird, bei 275 Euro pro Megawattstunde zu deckeln.

Scholz verwies außerdem auf große Fortschritte bei der Energiesicherheit. Nichts beweise das so deutlich wie die Eröffnung des ersten schwimmenden Terminals für Flüssiggas am Samstag in Wilhelmshaven. Die nächsten Terminals folgten in Kürze.

"Kein einziger von Putins Plänen ist aufgegangen"

Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und Russlands Präsident Wladimir Putin sagte Scholz: "Kein einziger von Putins Plänen ist aufgegangen." Putin habe sich "fundamental verrechnet". Er habe geglaubt, seine Truppen würden die Ukraine innerhalb von Tagen überrennen. Er sei davon ausgegangen, dass Europa und der demokratische Westen zu uneinig seien, um der Ukraine wirksam zu helfen. "Er glaubte, er könne Europas Solidarität austrocknen, indem er uns den Gashahn zudreht."

Putin habe sich getäuscht - "über den Mut der Ukrainerinnen und Ukrainer, über Europa, über uns, über den Charakter unserer Demokratien, über unseren Willen, uns zu widersetzen gegen Großmachtwahn und Imperialismus", sagte Scholz.

"Gemeinsam mit unseren Freunden und Partnern haben wir die Ukraine entschlossen unterstützt - finanziell, humanitär und mit Waffen. Diese Unterstützung setzen wir fort - und zwar genau so lange, wie sie benötigt wird", so der Kanzler, der zudem betonte: "Die Sanktionen gegen Russland werden wir solange aufrechthalten und weiter verschärfen, wie Putin seinen brutalen Angriffskrieg fortsetzt."

Merz spricht von unzureichendem EU-Kurs

Nach der Regierungserklärung des Kanzlers machte Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) Scholz persönlich dafür verantwortlich, dass der Ukraine erwünschte deutsche Panzer nicht geliefert würden. "Auch fast zehn Monate nach Beginn dieses Krieges verstecken Sie sich immer noch hinter den Nato-Partnern, die angeblich auch nicht liefern wollen. Wir wissen mittlerweile, dass dies falsch ist", so Merz.

Zugleich warf er dem Kanzler vor dem bevorstehenden EU-Gipfel einen unzureichenden EU-Kurs vor. "Es ist doch nicht zu übersehen, dass wir zurzeit eine tiefe Störung des deutsch-französischen Verhältnisses erleben", sagte Merz. Vor allem in Paris sprächen viele Beobachter "von einem Tiefpunkt der Beziehungen".

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