Süddeutsche Zeitung

Schleswig-Holstein:Spur zum Drohbriefschreiber

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Die Polizei hat eine Wohnung nahe Hamburg durchsucht, der dort lebende 30-Jährige könnte die rechtsextremistischen Schreiben verfasst haben. Der Verdächtige ist psychisch labil und mehrfach vorbestraft.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Seit Monaten gingen Drohbriefe mit rechtsextremistischem Inhalt bei Behörden, Gerichten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ein. Unterzeichnet waren sie mit Absendern wie "Nationalsozialistische Offensive", gedroht wurde teilweise mit Bombenanschlägen. Nun scheinen Ermittler einen oder den Absender ausfindig gemacht zu haben: Am Donnerstag durchsuchten Polizisten der Landeskriminalämter Berlin und Schleswig-Holstein eine Wohnung nahe Hamburg, wie die Berliner Staatsanwaltschaft am Freitag bekannt gab. Genauer gesagt in der schleswig-holsteinischen Gemeinde Halstenbek im Kreis Pinneberg, wie deren Bürgermeister Claudius von Rüden, der Süddeutschen Zeitung bestätigte.

Es hätten im Zusammenhang mit den Drohschreiben dort "polizeiliche Maßnahmen" stattgefunden, so von Rüden, mehr dürfe er dazu nicht sagen. Nach Informationen des NDR handelt es sich bei dem Verdächtigen um keinen Unbekannten, sondern um André M., in der Region "Feuerteufel von Rellingen" oder "Apfelfest-Bomber" genannt. Der heute 30-Jährige hatte bereits mehrere Jahre im Gefängnis oder in der Psychiatrie verbracht. 2007 nahm ihn ein Spezialeinsatzkommando fest, weil er einen Bombenangriff auf das Rellinger Apfelfest geplant haben soll. Von dem Vorwurf wurde er zwar freigesprochen, wegen mehr als 100 anderer Delikte wie schwere Sachbeschädigung aber dennoch verurteilt, es ging damals unter anderem um angezündete Autos, zerstochene Reifen und einen gesprengten Zigarettenautomaten. 2015 kam er wegen Brandstiftung in Rellingen erneut in Haft, 2016 wurde die Strafe wegen weiterer Vergehen erhöht, 2018 kam er frei. Steckt dieser psychisch offenbar sehr labile Mann nun auch hinter diesen 200 E-Mails?

Wegen der Schreiben wurden seit April 2018 mehrere Gerichtsgebäude und stark frequentierte Orte wie der Lübecker Hauptbahnhof und das Finanzamt Gelsenkirchen geräumt. Spürhunde durchsuchten die Bauwerke. Drohbriefe gingen auch an Politiker, andere Prominente und den Zentralrat der Juden. Ob alle diese Mails von einem einzigen Verfasser stammen, wird jetzt geklärt. Bei ihren Recherchen stießen die Ermittler auf den Verdächtigen, Experten werten Beweismaterial wie Mobiltelefon und Laptop aus. Dann werde man sehen, ob der Tatverdacht gegen den Beschuldigten zu erhärten sei, so die Berliner Generalstaatsanwaltschaft. Über den möglichen Täter aus Halstenbek heißt es, er werde derzeit in einer Klinik psychologisch betreut.

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Quelle:
SZ vom 06.04.2019
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