Süddeutsche Zeitung

Sachsen:Entsetzen über Neonazi-Umzug

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Die Landesregierung kündigt eine Untersuchung zum Aufmarsch der Kleinpartei "Dritter Weg" in Plauen an.

Von Ulrike Nimz, Leipzig

Fahnen, Trommeln, Signalfackeln und ein Galgen - die Demonstration der neonazistischen Kleinpartei "Dritter Weg" am 1. Mai in Plauen hat bundesweit Kritik an der sächsischen Landesregierung und dem Vogtlandkreis als zuständiger Versammlungsbehörde ausgelöst. So hatte das Landratsamt das Abbrennen von Pyrotechnik zu Beginn und am Ende der Versammlung erlaubt. Auch das Tragen einheitlicher T-Shirts war seitens der Behörde nicht beanstandet worden, obwohl das sächsische Versammlungsgesetz verbietet, "öffentlich oder in einer Versammlung Uniformen, Uniformteile oder gleichartige Kleidungsstücke als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung zu tragen", wenn dies Gewaltbereitschaft vermittelt oder einschüchternd wirkt. Ein von Demonstranten mitgeführter Galgen sei als strafrechtlich nicht relevant eingestuft worden, teilte die sächsische Polizei via Twitter mit.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verurteilte den Aufmarsch als abscheulich. Er wolle keinen Zweifel daran lassen, "dass wir solche Bilder nicht sehen wollen, dass wir sie verurteilen und dass wir alles, was in einem freiheitlichen Staat möglich ist, tun, um den Rechtsradikalismus zu bekämpfen", sagte Seehofer am Freitag in Brandis bei Leipzig. Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland zeigte sich entsetzt angesichts der martialischen Bilder. "Wenn es die sächsische Landesregierung mit der Bekämpfung des Rechtsextremismus ernst meint, darf sie solche Demos nicht zulassen", so Zentralratspräsident Josef Schuster. Oppositionspolitiker in Sachsen forderten Aufklärung, warum die Demonstration nicht unterbunden wurde. Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, sagte, man müsse die Frage stellen, ob die Behörden "beide Augen ganz fest zugedrückt haben". Neonazis sei ohne Not Erfolg auf der Straße gewährt worden. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sicherte die Auswertung der Ereignisse zu: "Klar ist, alle rechtsstaatlichen Spielräume zu nutzen, um rechtsradikale Aufmärsche zu erschweren." Mit Mitteln des Versammlungsrechts sei dies nur eingeschränkt möglich. Der Kampf gegen Rechtsextremismus müsse aus der Mitte der Gesellschaft kommen.

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Quelle:
SZ vom 04.05.2019
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