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Ganztagsbetreuung für Grundschüler:Warum die Hürden für Bayern und NRW besonders hoch sind

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Der Rechtsanspruch von Grundschülern auf acht Stunden Betreuung kommt westdeutsche Flächenländer teuer zu stehen. Woanders wurde längst investiert.

Der vom Jahr 2026 an schrittweise einzuführende Rechtsanspruch von Grundschulkindern auf eine Ganztagsbetreuung stellt besonders die westdeutschen Flächenländer vor große Herausforderungen. Vor allem in Nordrhein-Westfalen und Bayern seien noch deutliche Anstrengungen notwendig, um ausreichend qualifiziertes Personal zu finden, damit der vollständige Rechtsanspruch erfüllt werden könne, sagte der Erziehungswissenschaftler Thomas Rauschenbach am Dienstag. Rauschenbach leitet einen Forschungsverbund aus Technischer Universität Dortmund und Deutschem Jugendinstitut, der eine Studie zum Ausbaubedarf an Ganztagsbetreuungen vorgelegt hat.

Demnach besteht in Bayern und Nordrhein-Westfalen ein zusätzlicher Bedarf von rund 7500 beziehungsweise 7000 Vollzeitstellen, um den Anspruch auf Ganztagsbetreuung zu erfüllen. Bereits ab dem Schuljahr 2026/2027 sollen alle Erstklässler einen Anspruch auf acht Stunden Betreuung pro Tag haben. Vom Schuljahr 2029/30 an soll dann jedes Grundschulkind der Klassen eins bis vier Anspruch auf acht Stunden Betreuung haben. Mit der Studie liegen den Angaben zufolge erstmals Berechnungen für die einzelnen Bundesländer zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen vor.

Insgesamt sei der zusätzliche Ausbaubedarf geringer als bislang angenommen, hieß es. Bundesweit müssten bis zum Schuljahr 2029/30 rund 600 000 zusätzliche Ganztagsplätze für die Kinder im Grundschulalter geschaffen werden. Zuletzt besuchten bereits über 1,6 Millionen Grundschulkinder ein Ganztagsangebot. Das bedeutet, dass drei von vier der benötigten Plätze aktuell bereits vorhanden seien.

In Bayern fallen allein im Schuljahr 2029/30 mehr als eine halbe Milliarde Euro an

Die Situation in den Bundesländern sei jedoch sehr unterschiedlich. Während in den ostdeutschen Flächenländern und Hamburg nur noch ein kleiner Teil der Plätze fehle, müssten in den westdeutschen Flächenländern im Durchschnitt noch zwischen 30 und 40 Prozent der Plätze geschaffen werden. Bundesweit würden dafür rund 35 000 Vollzeitstellen zusätzlich benötigt. Da in diesem Bereich jedoch von einem hohen Teilzeitanteil auszugehen sei, müssten dafür bis zum Schuljahr 2029/30 rund 57 000 Menschen gewonnen werden.

In den ostdeutschen Flächenländern bestehe dagegen nur noch ein geringer Personalbedarf. Hier ist das Angebot laut Studie bereits gut ausgebaut, zudem gehen die Kinderzahlen voraussichtlich in wenigen Jahren teilweise zurück. Der zusätzliche Personalbedarf liegt mit Ausnahme von Thüringen - wo bis zum Schuljahr 2029/30 kein zusätzlicher Bedarf erwartet wird - pro Bundesland bei durchschnittlich 400 bis 500 zusätzlichen Vollzeitstellen.

Der geringere Bedarf führe auch zu geringeren Kosten als bislang angenommen. Bundesweit werde der Aufwand zur Schaffung neuer Plätze auf rund 4,6 Milliarden Euro geschätzt. In einer Maximalvariante kommen die Wissenschaftler für das Schuljahr 2029/30 auf zusätzliche Betriebskosten in Höhe rund 2,6 Milliarden Euro. Die höchsten Kosten entstünden in Nordrhein-Westfalen und Bayern mit etwa 575 Millionen Euro beziehungsweise 531 Millionen Euro. In Thüringen würden keine zusätzlichen Betriebskosten anfallen.

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