Süddeutsche Zeitung

Reaktion auf Proteste:Jordaniens König entlässt Regierung

Lesezeit: 1 min

Seit Tagen protestieren die Jordanier gegen steigende Preise für Lebensmittel und Benzin. Nun installiert König Abdullah II. einen neuen Premier, der für Ruhe sorgen soll. Im Vergleich zu Ägyptens Herrscher Mubarak ist der Monarch in einer komfortablen Situation.

Inmitten der sich ausbreitende Unruhe-Welle in der arabischen Welt verschafft sich Jordaniens König Abdullah II. Luft. Der Monarch hat die Regierung unter Premierminister Samir Rifai entlassen, wie der Königspalast nun in Amman mitteilte. Der König reagiert damit auf die anhaltenden Proteste gegen die Regierung. Die Demonstranten hatten Rifai für gestiegene Lebensmittel- und Benzinpreise und ausbleibende politische Reformen verantwortlich gemacht - und nicht den Monarchen offen kritisiert.

Abdullah II. hatte jüngst Reformen versprochen - ein offenkundiger Versuch, die Unzufriedenheit über die wirtschaftliche Abwärtsentwicklung und den Mangel an politischer Freiheit in seinem Land einzudämmen.

Doch seine Zusicherungen genügten den Tausenden zornigen Oppositionellen nicht: Sie zogen seit Wochen protestierend durch die Straßen Ammans und forderten den Rücktritt des Ministerpräsidenten und vom Parlament eine Ende der Preissteigerungen, Inflation und Arbeitslosigkeit. Die Proteste fanden nach dem muslimischen Freitagsgebet statt, angefeuert von den Unruhen in Tunesien und Ägypten.

Der Anführer der jordanischen Muslimbruderschaft erklärte noch vor einigen Tagen, er erwarte eine Ausbreitung der Unruhen in Ägypten auf den gesamten Nahen Osten und den Sturz der mit den USA verbündeten "Tyrannen" in der Region. Die Araber seien aufgebracht wegen der Vorherrschaft der Amerikaner über ihren Ölreichtum, der Besetzung des Iraks und Afghanistans und der Unterstützung für totalitäre Herrscher in der Region, sagte Hammam Said vor rund 100 Oppositionellen vor der ägyptischen Botschaft in Amman.

Ex-General als neuer Premierminister

König Abdullah II., der einer der wichtigsten Verbündeten der USA im Nahen Osten ist, nannte der Islamist Said nicht beim Namen. Es bleibt abzuwarten, ob der Regierungswechsel die Gemüter in Jordanien beruhigt. Wie der königliche Palast mitteilte, wurde der Ex-General Maruf al-Bakhit mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt.

Bakhit solle "wahrhaftige politische Reformen" verwirklichen. Seine Aufgabe bestehe darin, "praktische, schnelle und konkrete Schritte" zu unternehmen, um politische Reformen zu beginnen und für alle Jordanier ein "sicheres und anständiges Leben" sicherzustellen.

Bakhit ist seine Rolle vertraut: Er diente bereits von 2005 bis 2007 als Premierminister. Eine weitere Station in seiner Karriere dürfte vor allem die fundamentalistischen Muslimbrüder stören: Maruf al-Bakhit war auch Botschafter im Nachbarland Israel.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1053948
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/dapd/dpa/AFP/odg
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.