Süddeutsche Zeitung

Proteste in Islamabad:Mehrere religiöse Demonstranten bei Protesten in Pakistan getötet

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Bei Zusammenstößen von pakistanischen Sicherheitskräften und religiösen Demonstranten sind in Pakistans Hauptstadt mindestens sechs Menschen getötet worden.

Seit mehr drei Wochen versuchen etwa 3000 Islamisten, den Verkehr in Islamabad durch Sitzproteste auf einer der wichtigsten Ausfallstraßen lahmzulegen. Sie fordern die Amtsenthebung von Justizminister Zahid Hamid, dem sie Gotteslästerung vorwerfen.

Am Samstag hatte die Regierung angekündigt, das Protestcamp auflösen zu wollen - zur Not auch mit Gewalt. Sie setzte mehr als 8000 Polizisten sowie Paramilitärs ausgerüstet mit Wasserwerfern, Schlagstöcken, Tränengas und Gummigeschossen gegen die Demonstranten ein. Diese zündeten ihrerseits Autos und Reifen an und warfen Steine auf die Polizisten. Bei den Ausschreitungen gab es Hunderte Verletzte. Bei den Toten soll es sich ausschließlich um Demonstranten handeln, teilte eine Sprecherin der Rettungskräfte mit.

Oberstes Gericht ordnet Räumung an

Am Abend hat die Regierung Soldaten in die Stadt geschickt. Der Innenminister des Landes bestätigte, dass die städtischen Behörden um militärische Hilfe gebeten hätten, nachdem die ersten Räumungsversuche sowie Verhandlungen an der Faizabad-Kreuzung gescheitert waren. Demnach solle die Armee den zivilen Institutionen dabei helfen, Sicherheit und Ordnung wieder herzustellen.

Der Einsatz von Soldaten im Inneren ist in Pakistan eine heikle Angelegenheit, denn das Militär hat sich immer wieder an die Macht geputscht - zuletzt als Militärregierung von 1999 bis 2002. Immer wieder kam es zu Staatsstreichen. Seit der Unabhängigkeit Pakistans nimmt das Militär Einfluss auf viele Teile der Gesellschaft.

Bilder der Polizeiaktionen der vergangenen Tage hatten deshalb dazu geführt, dass noch mehr religiöse Anhänger nach Islamabad kamen. Auch in anderen Großstädten formierten sich spontan Proteste. Pakistans Ministerpräsident Shahid Khaqan Abbasi ließ daraufhin alle Live-Berichterstattung im Fernsehen stoppen. Auch soziale Medien wie der Kurznachrichtendienst Twitter waren nur eingeschränkt nutzbar.

Seit 8. November versuchen Mitglieder der Bewegung "Tehreek Labaik Ya Rasool Allah" mit Blockaden im Straßenverkehr, die Absetzung von Justizminister Hamid zu erzwingen. Er hatte den Text des Eides, den Parlamentarier ablegen müssen, ihrer Meinung zugunsten einer umstrittenen religiösen Minderheit - der Ahmadi - abgeändert. Ahmadis sind eine islamische Sondergemeinschaft, die in Pakistan nicht als Muslime anerkannt werden. Hamid hatte diese Änderung wieder rückgängig gemacht, der Protest ging dennoch weiter.

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