Süddeutsche Zeitung

Polen:Was tut Duda?

Die Gerichtsreform stellt den Präsidenten vor ein Dilemma.

Von Florian Hassel

Anhänger des Rechtsstaates haben eine letzte Hoffnung: ein Veto des Präsidenten gegen die Gesetze über die Gerichtsbarkeit in Polen. Doch Präsident Andrzej Duda hat schon beim letzten Angriff auf das Rechtssystem aktiv mitgewirkt. Er akzeptierte eine rechtswidrig ins Amt gehievte Richterin als Präsidentin des Verfassungsgerichts. Sie entscheidet seitdem immer im Sinne der Regierungspartei.

Das Oberste Gericht, dessen Unabhängigkeit jetzt gebrochen werden soll, will im September über die Rechtmäßigkeit dieser Präsidentin des Verfassungsgerichts urteilen. Würde die Einsetzung für illegal erklärt, wäre die Regierung ebenso beschädigt wie der Präsident. Kurzum: Legte Duda jetzt sein Veto ein gegen die Gerichtsgesetze, dann ginge er selbst ein erhebliches Risiko ein und würde zudem offen mit seiner Partei brechen. Derlei Mut hat er bisher nie bewiesen.

Möglich ist, dass Duda die ihm zustehenden 21 Tage abwartet, ehe er entscheidet. Eines oder gleich mehrere der Gesetze könnte er zur Begutachtung an das parteikontrollierte Verfassungsgericht weiterreichen - und so Zeit gewinnen. Eine Verzögerung um mehrere Wochen würde dem Protest erst einmal Wind aus den Segeln nehmen. Andererseits drängt die Zeit - das Oberste Gericht muss unter Kontrolle kommen, ehe es weitere Urteile spricht. Es ist also auch gut möglich, dass der Präsident bald unterschreibt.

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Quelle:
SZ vom 24.07.2017
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