Süddeutsche Zeitung

Polen nach der Wahl:Freie Bahn für Kaczyński

Die absolute Mehrheit für die Nationalkonservativen könnte Polen stark verändern. Sie wollen das Land umbauen - das Vorbild heißt Ungarn.

Kommentar von Florian Hassel

Polen hat ein politisches Erdbeben erlebt, dessen Stärke bisher so wenig feststeht wie die Reichweite seiner Schockwellen. Nicht nur ist in Warschau die erfolgreiche Mitte-rechts-Regierung regelrecht hinweggefegt worden. Die nun an die Regierung kommende Partei "Recht und Gerechtigkeit" hat die absolute Mehrheit erobert und kann allein regieren. Das ist ein Novum in der Ära seit dem Zusammenbruch des Kommunismus.

Ein paternalistisch-nationalistischer Staat nach ungarischem Vorbild

Ein Novum, das den PiS-Anhängern Freudentaumel beschert - und Polens in der Mitte und im linken Spektrum angesiedelten Bürgern Schauder des Entsetzens einjagt. Die PiS hat unter ihrem Chef Jarosław Kaczyński und Spitzenkandidatin Beata Szydlo kein Geheimnis daraus gemacht, dass sie einen paternalistisch-nationalistischen Staat nach ungarischem Vorbild will, in engem Zusammenwirken mit dem radikal-traditionellen Teil der in Polen mächtigen katholischen Kirche. Schon vor Jahren legte die Partei einen Entwurf für den autoritären Umbau Polens vor, der Demokraten Angstschweiß auf die Stirn trieb.

Man mag argumentieren, so schlimm werde es schon nicht kommen, schließlich war die PiS von 2005 bis 2007 schon an der Regierung. Doch regierte sie nicht lange und nicht alleine. Jetzt aber sind, mit der absoluten Mehrheit und dem ebenfalls von der PiS gestellten Präsidenten, alle Voraussetzungen für einen politischen Umbau vorhanden.

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Quelle:
SZ vom 26.10.2015
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