Süddeutsche Zeitung

Platzvergabe beim NSU-Prozess:Außenminister fordert Platz für türkische Beobachter

Lesezeit: 1 min

Vertreter türkischer Medien wie auch Beobachter aus der Politik sollten beim NSU-Prozess in München anwesend sein, fordert der türkische Außenminister Davutoglu. Amtskollege Westerwelle zeigt Verständnis - verweist jedoch auf die Unabhängigkeit der Justiz.

Die Diskussion geht weiter: Die umstrittene Platzvergabe für Beobachter des bevorstehenden NSU-Prozesses ist jetzt auch Gegenstand von Beratungen auf Regierungsebene. Wie das Auswärtige Amt in Berlin am Sonntag bestätigte, intervenierte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu deswegen telefonisch bei seinem deutschen Kollegen Guido Westerwelle (FDP).

Dabei habe Davutoglu "die Erwartung der türkischen Regierung" deutlich gemacht, dass Vertreter türkischer Medien sowie auch des türkischen Staates als Beobachter an dem Prozess vor dem Oberlandesgericht München teilnehmen können.

"Außenminister Westerwelle äußerte Verständnis für das türkische Anliegen, verwies jedoch auf die richterliche Unabhängigkeit", erklärte dazu das Auswärtige Amt. Beide Seiten hätten übereinstimmend die Erwartung auf ein transparentes, rechtsstaatliches Verfahren geäußert. Dies sei "ein wichtiger Beitrag, um in der Türkei und bei den Menschen türkischer Abstammung in Deutschland verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen".

"Mehr als schade"

Das Oberlandesgericht München hatte die 50 Presseplätze im Verfahren gegen das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe und Unterstützer der rechtsextremen Terrorgruppe an die Medien vergeben, die sich nach Bekanntgabe der Sitzungstermine als erste gemeldet hatten. Dabei gingen die meisten internationalen und alle türkischen Medien leer aus. Auch der türkische Botschafter in Berlin, Hüseyin Avni Karslioglu, erhielt keinen reservierten Platz im Saal.

Westerwelle hält das Vorgehen des Gerichts offensichtlich für problematisch. Es sei "mehr als schade", wenn diese Gelegenheit, wieder Vertrauen zu schaffen, "vertan würde", hieß es aus dem Umfeld des Ministers. Angesichts der traurigen Vorgeschichte seien größtmögliche Klarheit und Offenheit bei der strafrechtlichen Aufarbeitung der schrecklichen Taten der NSU ganz wichtige Anliegen.

Der Prozess gegen Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer beginnt am 17. April. Der im November 2011 aufgeflogene Nationalsozialistische Untergrund (NSU) wird für eine bundesweite Mordserie an neun Migranten und einer deutschen Polizistin verantwortlich gemacht.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1636595
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/AFP/fzg
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.