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Parteitag in Hamburg:Grüne entscheiden gegen Waffenlieferungen

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Keine Waffenlieferungen, aber Gewissensfreiheit

Der Bundesparteitag der Grünen hat sich gegen deutsche Waffenlieferungen an die Kurden im Irak ausgesprochen. Er unterstützte damit die Mehrheitslinie des Bundesvorstands und der Fraktion, die derlei Maßnahmen schon im Bundestag abgelehnt hatte. Vor allem das Risiko, dass militärische Ausrüstung in falsche Hände geraten können, wurde zur Begründung angeführt.

Ein weitergehender Antrag, der Waffenlieferungen in Krisengebiete grundsätzlich für falsch erklären wollte, scheiterte jedoch. Er erhielt zwar eine knappe Mehrheit, aber nicht das notwendige absolute Quorum. Der Parteitag respektierte ausdrücklich "die Gewissensfreiheit der Abgeordneten, die zu einer anderen Einschätzung gelangt sind". In einer weiteren Abstimmung sprach sich der Parteitag dafür aus, im Falle eines UN-Mandats eine deutsche Beteiligung an einem Einsatz in Syrien und Irak zu prüfen. Deutsche Bodentruppen in der Region unter UN-Führung hatte die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt in ihrer Rede erneut ausdrücklich befürwortet. Ziel müsse es sein, die Zivilbevölkerung zu schützen. Eine Beteiligung auch ohne UN-Mandat wurde abgelehnt.

Özdemir verteidigt seine Linie

Die Außen- und Sicherheitspolitik stand am Sonntagvormittag im Mittelpunkt der Schlussberatungen des Grünen-Parteitags in Hamburg. Parteichef Cem Özdemir hatte am Morgen noch sein Ja zu Waffenlieferungen an Gegner des "Islamischen Staats" gegen Kritik aus den eigenen Reihen verteidigt. "Man muss die Kurden in die Lage versetzen, sich zu wehren", so der Parteichef vor den Delegierten. Er wisse allerdings, dass er seiner Partei mit dieser Position viel "zugemutet" habe.

Özdemir äußerte sich zugleich skeptisch zu einem möglichen Militäreinsatz in der Krisenregion. Er betonte aber, wenn es ein UN-Mandat dafür gebe, könne Deutschland nicht sagen: "Nicht mit uns." Militäreinsätze könnten jedoch allenfalls die "ultima ratio" sein; zunächst müssten alle diplomatischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.

Positionen im Vorfeld der Abstimmung

Özdemir hatte kürzlich nach einem Irak-Besuch mit dem früheren UN-Chef in Kabul, Tom Koenigs, und der Grüne-Jugend-Chefin Theresa Kalmer Eindrücke in einem gemeinsamen Papier verarbeitet und daraus politische Forderungen abgeleitet. Diese gingen zum Teil weiter als die der Bundestagsfraktion. "Nach den Waffenlieferungen müssen die Peshmerga-KämpferInnen an den Waffen in größerem Umfang ausgebildet und militärtaktisch geschult werden. Dafür ist mehr Bundeswehrpersonal von Nöten", hieß es etwa. Militärische Optionen deuten auch andere Passagen an.

Im dem Leitantrag zur "Europäischen Friedensordnung" fanden sich derlei Forderungen so konkret nicht wieder. Der Bundesvorschlag präferierte die Formulierung, dass der Parteitag das Nein der Fraktion zu Waffenlieferungen begrüße, allerdings "respektieren (wir) jedoch auch die Gewissensfreiheit der Abgeordneten, die zu einer anderen Einschätzung gelangt sind".

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