Süddeutsche Zeitung

Österreich:Weiter im Würgegriff

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Günstiger für alle: Der ORF soll von 2024 an über eine Haushaltsabgabe finanziert werden. Nicht so leicht reformieren lässt sich der Einfluss der Parteipolitik. Beim ORF-Personal zeichnen sich entscheidende Änderungen ab.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Jetzt, so könnte man meinen, kann sich der ORF wieder dem zuwenden, was seine eigentliche Aufgabe ist: ein gutes Programm zu machen. Denn die Finanzierungsfrage ist seit dieser Woche geklärt. Eine Haushaltsabgabe soll von 2024 an das bisherige GIS-Modell ablösen, es soll günstiger für alle werden. So versprach es zumindest mantraartig Medienministerin Susanne Raab in der ZiB2 am Donnerstagabend, die dem ORF mehrfach mit auf den Weg gab, der öffentlich-rechtliche Sender müsse "effizienter" werden.

Ganz schön schmallippig wurde Raab dann bei einem Thema, bei dem die Politik bei sich ansetzen müsste: Danach gefragt, wie es um die immer wieder geforderte Entpolitisierung der ORF-Gremien - konkret den Stiftungsrat - stehe, geriet die ÖVP-Politikerin ins Schlingern. "Das ist nicht geplant." Und wenn, so fragte Moderatorin Marie-Claire Zimmermann nach, der Verfassungsgerichtshof, wie schon bei der Finanzierung, nach Entscheidungen in anhängigen Fällen auf eine Änderung dringe? "Höchstgerichtliche Erkenntnisse sind umzusetzen, wenn es denn so kommen sollte. Aber es ist nichts geplant."

Also, da bleibt alles, wie es ist: Der ORF ist nicht nur politisiert, sondern parteipolitisiert. Jede Veränderung im ORF ist ein Politikum - das gilt erst recht für Führungspositionen. Roland Weißmann wurde mit ÖVP-Unterstützung an die Spitze des ORF gehievt. Man kann schon davon ausgehen, dass Weißmann weiß, wie Medienpolitik funktioniert. So könnte man annehmen, dass er deshalb auf die Forderung nach Einsparungen beim ORF mit der Ankündigung reagierte, dann könne man sich eben das Radio-Symphonieorchester und den Sport-Plus-Kanal nicht mehr leisten. Nach dem absehbaren Sturm der Entrüstung von Kulturschaffenden bis zu Sportverbänden soll nun für beide Institutionen, so versichert die Politik, eine Lösung gefunden werden.

Der ORF kann sich nun wieder verstärkt Personalfragen widmen

Jedenfalls kann sich der ORF nun wieder verstärkt dem internen Umbau zuwenden. Gleich zwei der drei Chefredakteure gilt es nachzubesetzen: Matthias Schrom, der wegen Chats mit dem damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zurückgetreten ist, wird nun das Projekt "Smart Producing" leiten. Der bisherige Radio-Chefredakteur Hannes Aigelsreiter ist seit Monatsbeginn Sport-Chef. Die beiden Online-Chefredakteure Gerald Heidegger und Christian Staudinger dürften aber nicht die Funktion eines zentralen Chefredakteurs übernehmen. Darauf läuft es jedoch hinaus, schließlich arbeiten die Nachrichtenredaktionen in einem gemeinsamen Newsroom. Weil eine Frau als Chefredakteurin vielleicht auch dem ORF gut anstünde, werden Namen wie jener von Report-Moderatorin Susanne Schnabl gehandelt. Um die Furcht vor einer zentralen Einflussnahme der Parteien über einen zentralen Chefredakteur zu nehmen, wie es Werner Mück war, wird auf dem Küniglberg über die Wiedereinführung eines Informationsdirektors diskutiert - Kandidatin dafür: Ingrid Thurnher, ein journalistischer Vollprofi und derzeit Radiodirektorin.

Und was den Einfluss der Parteipolitik auf den ORF betrifft, so muss man, wie bei der Gebührenfrage, auf den Verfassungsgerichtshof setzen. Von sich aus wird die Politik den Würgegriff nicht lockern.

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