Süddeutsche Zeitung

Obama: Absurde Theorie zu Geburtsort:Wo seine Wiege stand

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Heute vor 48 Jahren wurde Barack Obama geboren, doch rechte Fanatiker glauben nicht, dass das in den USA geschah. Immer schriller klingen die Stimmen, die behaupten, Obama sei zu Unrecht Präsident.

Christian Wernicke

Dieser Dienstag ist Feiertag im Weißen Haus. Malia und Sasha, die Präsidenten-Töchter, werden ihrem Papa ein Ständchen singen, dann darf Michelle Obama ihrem werten Gatten das wie ein Staatsgeheimnis gehütete Geschenk präsentieren. "Happy Birthday, Mister President" wird es schallen, wo immer sich das 44. Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten blicken lässt an diesem Tag.

Und alle Mitarbeiter in Amerikas Machtzentrale dürften ihrem Dienstherrn noch ein bisschen herzlicher huldigen an diesem 4. August, da sich zum 48. Mal jenes Datum jährt, an dem Barack Hussein Obama II. das Licht der Welt erblickte. Ausweislich der Geburtsurkunde Nummer 1511961-010641 geschah es exakt um 19.24 Uhr in Honolulu, auf der Insel Oahu im US-Bundesstaat Hawaii.

Nur, genau dies mag eine kleine, nimmermüde Schar von Obamas Untertanen partout nicht glauben. Die zumeist sehr konservativen und recht weißhäutigen Mitbürger halten die gelb-grünliche Urkunde aus Hawaii trotz Stempel und Amtssiegel für pure Fälschung - und den Demokraten im Oval Office schlicht für einen Usurpator, der sich an die Macht gemogelt habe.

In Wahrheit nämlich sei Obama, bekanntlich der Sohn einer weißen Amerikanerin und eines schwarzen Gaststudenten, im fernen Mombasa zu Kenia geboren - und weil die US-Verfassung gebiete, der Präsident müsse "ein in den USA geborener Bürger" sein, sei Obama ein illegitimer Präsident. Er müsse abtreten, sofort.

Zwar werden die Anhänger dieser Verschwörungstheorie als "Birther" bespöttelt, als "Geburtler", eben so, wie all jene Amerikaner längst "Truther", also "Wahrheitler" heißen, die die Terroranschläge vom 11. September als perfide Konspiration der Bush-Cheney-Regierung deuten.

Dennoch, die Birther haben es geschafft, ihre absurde Botschaft per Internet und mit Hilfe stramm rechter Radio- und TV-Shows unters Volk zu bringen. So schrill, so laut klingen sie, dass sich erst vorige Woche das Gesundheitsministerium von Hawaii genötigt sah, erneut zu bestätigen, dass Herr Obama "ein gebürtiger Amerikaner" sei.

Das Weiße Haus reagiert gelassen

Doch Orly Taitz, eine der agilsten Propagandistinnen der Birther, konterte prompt am Wochenende. Per Klageschrift bei einem US-Bundesgericht sowie auf ihrer Website veröffentlichte die einst aus Russland eingewanderte Zahnärztin und Rechtsanwältin ebenfalls eine Geburtsurkunde: Name des Kindes, Geburtstag und die Daten der Eltern sind identisch, nur stammt dieser vergilbte Auszug aus einem Geburtsregister aus der Coast Province von Kenia. Und als Geburtsort prangt ganz oben: Krankenhaus Mombasa.

Das hat die Birther erneut beflügelt, rechtzeitig zu Obamas Geburtstag. Derweil sind sich die Experten sicher, dass das neue Papier genauso manipuliert ist wie jenes Interview mit Obamas kenianischer Großmutter, das einst per Schnitt und Trick den Eindruck erweckte, die Oma bezeuge des Enkels Geburt im afrikanischen Busch. Bisher reagiert das Weiße Haus jedenfalls betont gelassen auf die Anwürfe.

Nervös werden andere. Die Parlamentspause naht, und republikanische Abgeordnete wollen diese Zeit nutzen, um daheim im Wahlkreis den rechten Widerstand gegen Obamas Gesundheitsreform und all den Sozialismus zu mobilisieren, den der Präsident angeblich ausheckt. Nur dazu kommen sie kaum. Denn allerorten tauchen nun fanatische Birther auf und sprengen die Versammlungen.

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SZ vom 04.08.2009
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