Süddeutsche Zeitung

NPD in Sachsen:Rechts, extrem und stabil

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Der erneute Erfolg der NPD bei der Landtagswahl zeigt: Die Rechtsextremen haben in Sachsen Wurzeln geschlagen - weil sie sich als Helfer der kleinen Leute gerieren. Dafür sorgt ihr Landeschef.

Marc Felix Serrao

Der NPD ist mit deutlich mehr als fünf Prozent erneut der Einzug in den sächsischen Landtag gelungen; in Thüringen und im Saarland scheitert sie voraussichtlich an der Fünf-Prozent-Hürde. Damit bleibt Dresden der politische Brückenkopf des deutschen Rechtsextremismus, oder - wie es die Partei selbst nennt - der "parlamentarische Arm des volkstreuen Widerstandes".

Zwar konnte die NPD ihren Erfolg von 2004 nicht wiederholen, als sie auf 9,2 Prozent der Stimmen kam. Aber es gibt in Sachsen eine stabile Basis für ausländerfeindliche, antisemitische und autoritäre Politik: Denn noch nie zuvor haben Rechtsextreme den Wiedereinzug in ein Landesparlament geschafft.

Vor allem in den sächsischen Kommunen konnte die Partei in den vergangenen fünf Jahren Wurzeln schlagen. Sie bietet Hausaufgabenhilfe und Arbeitslosenberatung an, und sie geriert sich als Helfer der kleinen Leute.

Zugleich schürt sie Ressentiments. "Höchststrafe für Kinderschänder", "Kriminelle Ausländer raus": Das waren die plakatierten Slogans in Sachsen. In ihrem Wahlvideo reklamierte die NPD sogar den Wenderuf "Wir sind das Volk" für sich, was von den anderen Parteien seltsam unwidersprochen blieb.

"Politikfähig" nennt ihn die DVU

Ihren Erfolg in Sachsen verdankt die NPD vor allem ihrem dortigen Fraktionschef Holger Apfel. Der gebürtige Niedersachse ist gleich nach der Wiedervereinigung in den Osten gezogen, um parteipolitische Aufbauarbeit zu betreiben.

Für den Wahlerfolg 2004, den ersten der Partei nach mehr als drei Jahrzehnten ohne Sitz in Landesparlamenten, hat er lange gearbeitet. Der 39-Jährige ist smarter und vorsichtiger als die meisten Führungskader der NPD, die sich immer wieder mit offener Bewunderung für Adolf Hitler oder anderen verbalen Entgleisungen selbst entlarven.

Jedoch ist Apfel kein bisschen weniger extrem eingestellt als seine Parteifreunde oder die "freien Kräfte", die in Sachsen besonders eng mit der NPD paktieren. Aber er kann es verbergen. Statt mit den alten, in der NPD so beliebten Reichsfarben hat er im Wahlkampf mit Schwarz-Rot-Gold geworben, den Farben des verhassten Systems. "Politikfähig" nennen sie ihn bei der DVU, der anderen Rechtsaußenpartei, die sich gerade um ein weniger radikales Image bemüht.

Geldbringer Sachsen-NPD

Vor allem NPD-Chef Udo Voigt muss Apfels Aufstieg fürchten. Sein einstiger Zögling ist nicht weniger ehrgeizig als er, aber erfolgreicher. Unter Voigt, der so gerne die "Reichshauptstadt" Berlin erobern würde, ist die NPD fast handlungsunfähig geworden. Lange hat er einen Schatzmeister geschützt, der der Partei erst Geld geklaut und ihr nachträglich eine millionenschwere Strafzahlung mit eingebrockt hat.

Apfels Truppe in Sachsen wiederum ist der große Geldbringer der Partei: 6,5 Millionen Euro brachte ihre bisherige Parlamentsarbeit ein. Selbst Rechtsextreme können so gut rechnen, dass sie erkennen, von welchem der beiden Herren sie mehr haben.

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Quelle:
SZ vom 31.8.2009
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