Süddeutsche Zeitung

Neuer Regierungschef in Griechenland:Habemus Papademos

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Lucas Papademos soll es richten - der 64-Jährige löst Griechenlands Premier Papandreou ab und wird Chef der Übergangsregierung. Als er Notenbankchef war, trat Athen der Euro-Zone bei. Nun muss der nüchterne Zahlenwerker die Griechen von harten Sparmaßnahmen überzeugen. Nicht alle trauen ihm das zu.

In der schwersten Krise Griechenlands seit der Währungsunion tritt ausgerechnet der Mann an die Spitze der Regierung, der als Architekt des griechischen Euro-Beitritts gilt. Lucas Demetrios Papademos hatte nie ein politisches Amt inne, er war lange der oberste Notenbanker Griechenlands und vertrat das Land als Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB). Nun soll er als Chef einer Übergangsregierung das Land aus der Krise führen.

Nach tagelangem Ringen der beteiligten Parteien beautragte der griechische Präsident Karolos Papoulias den 64-Jährigen mit der Bildung einer Übergangsregierung. Wie das Präsidialamt nach vierstündigen Beratungen mitteilte, wird das Übergangskabinett am Freitag um 14 Uhr Ortszeit (13 Uhr MEZ) vereidigt.

Mit Besonnenheit und fachlicher Qualifikation soll der gelernte Elektrotechniker und Wirtschaftswissenschaftler Papademos nun das Vertrauen der internationalen Kreditgeber für Griechenland zurückgewinnen. Unklar ist, ob er das nötige Charisma mitbringt, um auch seine Landsleute von der Notwendigkeit des Sparkurses zu überzeugen.

Der gebürtige Athener studierte und promovierte in den USA am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston, danach lehrte er als Wirtschaftsprofessor an der Columbia-Universität in New York. Auch in einer regionalen Niederlassung der US-Zentralbank hat er Erfahrungen gesammelt.

Mitte der 1980er Jahre kehrte Papademos nach Griechenland zurück, wo er in der nationalen Notenbank Karriere machte und 1994 zu deren Gouverneur aufstieg. Zusammen mit der sozialistischen Regierung bereitete Papademos die Aufnahme Griechenlands in die europäische Währungsunion 2001 und die Einführung des Euro 2002 vor. Dafür erntete er im eigenen Land großen Respekt.

Später wurde bekannt, dass Griechenland über Jahre hinweg falsche Zahlen nach Brüssel übermittelt hatte. Weil Papademos sich als Verfechter einer Begrenzung der Staatsschulden profiliert hatte, schadete das seinem internationalen Renommee allerdings kaum. Während seiner Amtszeit sank die vergleichsweise hohe Inflation in Griechenland von elf auf 2,6 Prozent.

Im Jahr 2002 wurde Papademos als erster Grieche Vizepräsident der EZB in Frankfurt. Seine Erfahrung als Vertreter eines ärmeren Eurolandes sollte helfen, die osteuropäischen Neuzugänge in der EU auf die Einführung der Währung vorzubereiten. An der Seite von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet mit seinem französischen Esprit wirkte Papademos bei den Pressekonferenzen der Zentralbank wie ein nüchterner Zahlenwerker, dem öffentliche Auftritte kein besonderes Vergnügen zu bereiten scheinen. Inhaltlich lag das Duo aber auf einer Linie - politisch unabhängig und doch im Zweifelsfall etwas pragmatischer eingestellt als die auf strenge Richtlinien der Geldpolitik fixierten Vertreter der Bundesbank.

Nach achtjähriger Amtszeit schied Papademos 2010 turnusgemäß aus der EZB aus. Zuvor hatte der Parteilose ein Angebot des damaligen Spitzenkandidaten der Sozialisten, Giorgos Papandreou, abgelehnt, in dessen Team eine Schlüsselrolle zu übernehmen. Es gilt auch als unwahrscheinlich, dass er insgeheim auf die Nachfolge Papandreous spekulierte.

Bekenntnis zum Euro

Er dürfte sich eher auf einen unspektakulären Ruhestand gefreut haben, den er mit wissenschaftlicher Arbeit ausfüllen wollte. Dennoch pflegte Papademos angesichts der schwierigen Lage Griechenlands seine politischen Kontakte, die ihn nun wieder ins Rampenlicht gebracht haben - als Garant der von ihm eingeführten Währung in Griechenland.

Kurz nachdem seine Ernennung durch das Präsidialamt bekannt gegeben worden war, legte Papademos dann auch ein Bekenntnis zum Euro ab. Die Teilnahme an der Gemeinschaftswährung sei "eine Garantie der Geldwertstabilität und ein Faktor wirtschaftlicher Stabilität" für Griechenland, sagte Papademos vor Journalisten in Athen. "Griechenland steht am Scheideweg", sagte Papademos. Die Wirtschaft seines Landes sei mit großen Problemen konfrontiert, der Weg werde nicht leicht sein.

Als Berater der griechischen Regierung hatte er vor kurzem die Pläne der Euro-Länder für einen größeren Schuldenschnitt Griechenlands kritisiert. Eine deutlich stärkere Beteiligung der privaten Gläubiger als die vereinbarten 21 Prozent stelle die Freiwilligkeit der Beteiligung der Finanzbranche in Frage und sei gefährlich für die Euro-Zone.

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