Süddeutsche Zeitung

Nahost:Bange Blicke in der arabischen Welt

Lesezeit: 2 min

Trumps Ankündigung zu den Golanhöhen löst neue Sorgen in arabischen Ländern aus.Dort wird befürchtet, dass die USA bald auch israelische Siedlungsblöcke im Westjordanland anerkennen könnten.

Von Alexandra Föderl-Schmid und Paul-Anton Krüger, Tel Aviv

Mit seiner Ankündigung dürfte US-Präsident Donald Trump sogar Israels Premier Benjamin Netanjahu überrascht haben. Nicht mit dem Inhalt des Tweets, dass es Zeit sei, die Golanhöhen als Teil Israels anzuerkennen. Netanjahus Emissäre hätten erwartet, Trump werde die frohe Botschaft kommende Woche in dessen Beisein im Weißen Haus verkünden. Der am Donnerstag in Israel weilende US-Außenminister Mike Pompeo hatte zwar Andeutungen gemacht, aber eine Änderung der US-Position noch in Abrede gestellt.

Ein böses Erwachen und harschen Protest gab es in Teilen der arabischen Welt und in Iran. Zum einen lehnen selbst Gegner des syrischen Regimes von Präsident Baschar al-Assad ab, dass Trump nach der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels erneut einseitig den Status quo zugunsten Israels verändert. Zum anderen gilt dies in arabischen Hauptstädten nur als Zwischenschritt, dem die Anerkennung einer israelischen Hoheit über die Siedlungsblöcke im Westjordanland durch die USA folgen könnte - etwa im Zuge des erwarteten Friedensplans für den Nahen Osten, an dem Trumps Schwiegersohn Jared Kushner arbeitet.

Ein Rückzug Israels auf die Grenzen von 1967 wäre hinfällig - und damit auch der bisherige Grundsatz einer Zweistaatenlösung. Jordaniens König Abdullah II. hatte am Mittwoch gesagt, er stehe unter massivem Druck, die historische Rolle seines Landes als Hüter der heiligen Stätten der Muslime und Christen in Jerusalem aufzugeben. Das allerdings werde nicht geschehen, solange er lebe.

Israel hatte die Golanhöhen von Syrien im Sechs-Tage-Krieg 1967 erobert. Damaskus versuchte vergebens, sie im Jom-Kippur-Krieg 1973 zurückzuerobern. Danach wurde eine Demarkationslinie zwischen den von Israel besetzten und von Syrien gehaltenen Gebieten festgelegt, und eine demilitarisierte Zone. Die Kontrolle obliegt UN-Soldaten. Israel annektierte die Golanhöhen 1981 per Gesetz, was aber weder die USA noch die UN anerkannt haben. Eine formelle Anerkennung würde der einstimmig - auch von den USA - verabschiedeten Resolution 497 des UN-Sicherheitsrats zuwiderlaufen.

Lange galt der strategisch bedeutende Gebirgszug als Faustpfand Israels bei Verhandlungen mit Syrien über einen möglichen Friedensvertrag. Der damalige Premierminister Jitzhak Rabin war 1992 der erste, der damals noch mit Hafez al-Assad verhandelte, dem Vater des jetzigen Präsidenten Baschar al-Assad. Rabins Vorschlag war ein Rückzug aus den 1967 eroberten Gebieten binnen fünf Jahren, im Gegenzug verlangte es Sicherheitsgarantien von Syrien. Auch nach der Ermordung Rabins 1995 gab es unter seinem Nachfolger Schimon Peres Gespräche.

Als Netanjahu zum ersten Mal an die Macht kam, stimmte er 1998 einer neuen geheimen Verhandlungsrunde zu. Streitpunkt war hier vor allem die von Israel geforderte Präsenz am Berg Hermon. Unter Premier Ehud Barak forderten die Syrer einen Zugang zum See Genezareth. Die Gespräche kamen nach dem Tod Hafez al-Assads ins Stocken. Erst unter Regierungschef Ehud Olmert wurden sie unter türkischer Vermittlung wieder aufgenommen.

Die letzte Runde startete Netanjahu mit Baschar al-Assad im September 2010. Laut damals eingebundenen Verhandlungspartnern war Netanjahu zu einer Rückgabe der 1967 eroberten Gebiete bereit, aber nur unter der Bedingung, dass sich Syrien vom Einfluss Irans lossagt und die Verbindungen zur libanesischen Hisbollah kappt. Die Mission fand durch den Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien im März 2011 ein jähes Ende.

Allerdings gab es auch wieder dröhnendes Schweigen bei Trumps engsten Verbündeten am Golf, wie schon nach der Entscheidung, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate sehen die Entwicklung vielleicht mit Sorge, aber so lange es gegen Iran geht, tun sie ihre Bedenken zumindest nicht öffentlich kund.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4379091
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 23.03.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.