Süddeutsche Zeitung

Nach Putschversuch:Chef des Europarats verteidigt Türkei

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Als erster ranghoher europäischer Repräsentant seit dem Putschversuch in der Türkei hat der Generalsekretär des Europarats, Thorbjørn Jagland, Ankara besucht. Er zeigte Verständnis für das Vorgehen der Regierung gegen mutmaßliche Anhänger der Gülen-Bewegung, mahnte aber die Einhaltung der Menschenrechte an. Der Putsch vom 15. Juli habe die demokratischen und staatlichen Institutionen der Türkei vor große Herausforderungen gestellt. Es habe aber an Verständnis dafür in Europa gemangelt, sagte Jagland.

Er erkenne die Notwendigkeit an, dass die Regierung es mit den Drahtziehern des niedergeschlagenen Putschs aufnehmen müsse. Es sei "notwendig, gegen diejenigen vorzugehen, die hinter dem Coup gesteckt haben, und auch gegen dieses geheime Netzwerk, das die staatlichen Institutionen, die Armee und die Justiz infiltriert hat". Aber es sei auch sehr wichtig, dass dies in Übereinstimmung mit europäischem Recht und den Standards der Europäischen Konvention für Menschenrechte geschieht. "Es ist wichtig, dass wir alles tun, was wir können, um der Türkei zu helfen, diesen Prozess zu Ende zu bringen", erklärte der norwegische Sozialdemokrat. Der Europarat verabschiete 1950 die Europäische Menschenrechtskonvention.

"Türkei ist sehr wichtig für Europa"

Ankara macht die Bewegung des im US-Exil lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen für den versuchten Staatsstreich von Mitte Juli verantwortlich. Unter den mehr als 18.000 Festgenommenen sind zahlreiche mutmaßliche Anhänger des Netzwerks. Über die Gülen-Bewegung sei Europa "schon sehr lange informiert" gewesen. "Deshalb sehen wir eine Notwendigkeit, da zu säubern", sagte Jagland. Und er betonte: "Die Türkei ist sehr wichtig für Europa und Europa ist sehr wichtig für die Türkei."

Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte westliche Staaten wegen deren nach seiner Ansicht mangelnden Unterstützung nach dem Putschversuch kritisiert und beklagt, dass europäische Politiker nicht in die Türkei gereist seien, um Ankara ihre Solidarität zu bekunden. Zehntausende Beschäftigte im öffentlichen Dienst, der Justiz, dem Gesundheitswesen, dem Bildungssektor, den Medien und den Streitkräften wurden seither entlassen, rund 18 000 Personen festgenommen.

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