Süddeutsche Zeitung

Nach Flucht aus Libyen:Tunesien weist Gaddafis Ex-Regierungschef aus

Lesezeit: 1 min

Tunesien hat den letzten Regierungschef des gestürzten libyschen Diktators Gaddafi an die neuen Machthaber in seiner Heimat ausgeliefert. Al-Mahmud, der der Verbrechen am libyschen Volk beschuldigt wird, protestiert - und bekommt Unterstützung ausgerechnet vom tunesischen Präsidenten. In Tunesien hat die Auslieferung Spannungen ausgelöst.

Tunesien hat den früheren libyschen Ministerpräsidenten al-Baghdadi Ali al-Mahmudi an sein Heimatland ausgeliefert. Er ist damit der erste hochrangige Politiker der früheren Regierung unter Muammar al-Gaddafi, der nach Libyen zurückkehrt, weil er sich vor Gericht verantworten muss.

Al-Mahmudi sei in einem Gefängnis des Justizministeriums untergebracht worden und soll wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen das libysche Volk vor Gericht gestellt werden, sagte der amtierende libysche Regierungschef Abdel Rahim al-Kib in Tripolis.

Al-Mahmudis Anwalt in Tunesien bemängelte, dass weder er noch al-Mahmudis Familie über die Auslieferung vorgewarnt worden seien. "Das ist ein Systemunrecht und gegen die Menschenrechte", erklärte Mabruk Churchid.

Al-Mahmudi hatte seit 2006 Gaddafi als Ministerpräsident gedient und war kurz nach dessen Sturz im August vergangenen Jahres wegen illegalen Grenzübertritts in Tunesien festgenommen worden. Er befand sich auf der Flucht nach Algerien.

Tunesiens Präsident nennt Auslieferung "illegal"

Der tunesische Präsident hat die Auslieferung des früheren libyschen Regierungschefs Mahmudi an sein Heimatland als "illegal" kritisiert. Die Regierung lehne die Entscheidung der tunesischen Regierung ab, da sie einseitig und ohne Abstimmung mit Staatschef Moncef Marzouki erfolgt sei, hieß es am späten Sonntagabend in einer Erklärung des Sprechers des Präsidenten. Die von der Regierung unterzeichnete Auslieferung al-Mahmudis sei eine "klare Verletzung unserer internationalen Verpflichtungen sowie gegenüber der UNO". Ein Berater Marzoukis, einem früheren Menschenrechtsaktivisten, warnte vor einer "schweren Krise" zwischen Regierung und Präsidentschaft.

Im Januar hatten sich 15 tunesische und internationale Menschenrechtsorganisationen in einer gemeinsamen Erklärung gegen eine Auslieferung al-Mahmudis ausgesprochen. Sie fürchteten, er könnte in seinem Heimatland gefoltert oder getötet werden.

Ein Vertreter des tunesischen Justizministeriums betonte hingegen, Ministerpräsident Hamadi Jebali habe nur ein richterliches Urteil umgesetzt, als er die Auslieferung anordnete. Ein Berufungsgericht in Tunis hatte dem Auslieferungsgesuch der neuen libyschen Führung Ende November stattgegeben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1392523
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Reuters/AFP/dapd/kat
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.