Süddeutsche Zeitung

Nach der Wahl in Venezuela:Mehrere Tote nach Protesten

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Das knappe Wahlergebnis in Venezuela hat die Stimmung angeheizt: Opposition und Regierung stehen sich unversöhnlich gegenüber. Die einen sprechen von Wahlbetrug, die anderen warnen vor einem Putsch. Etliche Menschen wurden bei den Protesten getötet, viele weitere verletzt.

Trotz massiver Proteste der Opposition hat die venezolanische Wahlbehörde CNE den Sozialisten Nicolás Maduro zum gewählten Präsidenten des südamerikanischen Landes erklärt. CNE-Präsidentin Tibisay Lucena überreichte dem 50-Jährigen am Montag die entsprechende Urkunde. Sie verteidigte das Wahlergebnis mit den Worten: "In Venezuela gibt es einen Rechtsstaat, und der muss respektiert werden."

Nach Angaben von Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz sind bei den Protesten gegen die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl mindestens sieben Menschen getötet worden. 61 weitere seien am Montag verletzt worden. Die staatliche Nachrichtenagentur Agencia Venezolana de Noticias (AVN) hatte zuvor von mindestens vier Toten berichtet und unter Berufung auf Augenzeugen oppositionelle Gruppen für die Taten verantwortlich gemacht.

Der bei der Wahl am Sonntag unterlegene Oppositionskandidat Henrique Capriles Radonski, 40, pochte vehement auf eine Neuauszählung der Stimmen und bekam für seine Initiative Unterstützung von der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und den USA. Maduro hatte bei der Wahl nur etwa 235.000 Stimmen oder circa 1,6 Prozentpunkte mehr erhalten als sein Herausforderer. Er soll am Freitag seinen Amtseid für das bis 2019 dauernde Mandat ablegen.

Der Wunschnachfolger des vor sechs Wochen verstorbenen Staatschefs Hugo Chávez attackierte die Opposition, die das Wahlergebnis nicht anerkennen will. "Mehrheit ist Mehrheit, und die Demokratie muss respektiert werden ... Wer die Mehrheit in einer Demokratie schwächen will, der ruft nach einem Staatsstreich." Weiter betonte er: "Ich warne das ganze Volk: Die Rechte will die Revolution und das, was wir erreicht haben, töten."

Eine für Mittwoch geplante Demonstration der Opposition in Caracas hat Maduro verboten. "Ich werde den Marsch im Zentrum von Caracas nicht erlauben. Wir erlauben nicht, dass sie Blut auf den Straßen von Caracas vergießen. Wenn Sie mich stürzen wollen: Ich bin hier mit dem Volk in den Straßen", sagte Maduro am Dienstag.

Capriles Radonski bezeichnete Maduros Ernennung zum gewählten Präsidenten als "illegitim" und rief seine Anhänger zu friedlichen Protesten auf. Oppositionsgruppen gingen am Montag in Caracas auf die Straße, um gegen die Wahlergebnisse zu protestieren. Auf Bildern waren in einem Viertel der Stadt Hunderte Demonstranten zu sehen, die Plakate mit der Aufschrift "Maduro raus" trugen. Nach einem Bericht des Nachrichtenportals Noticias24 setzten die Sicherheitskräfte offenbar Tränengas ein, um die Ansammlung aufzulösen.

Maduros Gegner Capriles Radonski reklamiert den Wahlsieg für sich und verweist auf mehr als 3000 Hinweise, die demnach Unregelmäßigkeiten beim Wahlablauf belegen. Er fordert eine detaillierte manuelle Nachzählung aller Stimmen. Während dies von der Wahlbehörde abgelehnt wurde, unterstützen die OAS und die USA die Forderung der Opposition.

USA: Nachzählung wäre ein "kluger und notwendiger Schritt"

US-Regierungssprecher Jay Carney sagte im Weißen Haus, die Nachzählung wäre ein kluger und notwendiger Schritt. Voreilige Schritte ließen sich nicht vereinbaren mit den Erwartungen des Volkes nach einem klaren und demokratischen Ergebnis.

Spaniens Außenminister José Manuel García-Margallo erklärte, die Abstimmung habe bestätigt, dass es in Venezuela eine "sehr starke Polarisierung gebe". Der "Situation der Vorläufigkeit" müsse ein Ende gesetzt werden, fügte er an. OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza rief angesichts der im Wahlprozess "sichtbar gewordenen tiefen Spaltung und politischen Polarisierung" zum nationalen Dialog auf. Die venezolanische Regierung wertete diese Äußerungen als Einmischung in innerer Angelegenheiten. In Venezuela gebe es eine Wahlbehörde und Wahlgesetze. "Es ist nicht an der OAS, eine Nachzählung der Stimmen oder eine Überprüfung zu fordern", sagte Außenminister Elías Jaua.

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