Süddeutsche Zeitung

Nach dem Anschlag in Christchurch:Neuseeland trauert

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Der rechtsextreme Attentäter von Christchurch soll allein gehandelt haben. Nach seiner Tat, die er per Facebook verbreitete, ist eine Debatte über die Rolle der sozialen Medien entbrannt.

Von Felix Haselsteiner und Tobias Zick, Christchurch/München

Der Attentäter, der am Freitag in Christchurch mindestens 50 Menschen getötet hat, war als Einzeltäter unterwegs. Davon geht die Polizei inzwischen aus. Zwei weitere am Freitag festgenommene Männer hätten keine Verbindung zu dem Anschlag gehabt, erklärte ein Polizeisprecher. Brenton T., ein 28-jähriger Australier, hatte nacheinander zwei Moscheen in der neuseeländischen Stadt gestürmt und mit Schnellfeuerwaffen in die Menge geschossen.

Der Anschlag löste im ganzen Land eine große Welle der Solidarität mit der muslimischen Minderheit aus. Menschen legten Blumen vor der Hauptmoschee in Christchurch nieder, andere spendeten per Crowdfunding oder boten verängstigten Muslimen ihre Begleitung an. Ein Pakistaner, der sich dem Moschee-Angreifer in den Weg gestellt haben soll, bekommt eine Auszeichnung des pakistanischen Staates. In den christlichen Kirchen Neuseelands wurde der Opfer des Anschlags gedacht. Auch Papst Franziskus gedachte am Sonntag auf dem Petersplatz der "muslimischen Brüder, die getötet wurden". Er rief zu "Gebeten und Friedensgesten" auf, um Hass und Gewalt etwas entgegenzusetzen.

An der rechtsextremen Gesinnung des Täters haben die Behörden keinen Zweifel. Als T. am Samstag in Handschellen einem Gericht vorgeführt wurde, formte er vor den Kameras seine Finger zu einer Geste, die als Erkennungszeichen von Rassisten bekannt ist. Kurz vor der Tat hatte T. eine 74-seitige, von rechtsradikalen Verschwörungstheorien durchsetzte Kampfschrift ins Internet gestellt und per E-Mail verschickt - unter anderem an Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern. Die Regierungschefin erklärte, sie habe das Schreiben neun Minuten vor der Tat erhalten und umgehend an die Sicherheitsbehörden weitergeleitet. Hinweise auf einen konkreten Tatort habe es nicht enthalten. Ardern trat Spekulationen entgegen, Brenton T. könnte in seinem Heimatland Australien der Prozess gemacht werden: "Er wird sich vor dem neuseeländischen Justizsystem für den Terrorangriff verantworten, den er hier begangen hat."

Die Tat hat eine Debatte über die Rolle sozialer Medien bei Gewaltverbrechen entfacht. Der Attentäter hatte mit einer Helmkamera seine Massaker live per Facebook ins Internet übertragen. Das Video war auch am Wochenende noch auf verschiedenen Online-Plattformen abrufbar. Premierministerin Ardern sagte, dies sei "ein Thema, das weit über Neuseeland hinausgeht - das heißt nicht, das wir nicht eine aktive Rolle bei der Lösung spielen können". Sie werde darüber "direkt mit Facebook diskutieren". Sheryl Sandberg, Vorstandsmitglied des Konzerns, habe sich bereits in dieser Sache an sie gewandt. Facebook gab an, in den ersten 24 Stunden nach der Tat 1,5 Millionen Videos gelöscht zu haben.

Neuseelands Regierungschefin sagte auch: "Unsere Waffengesetze werden sich ändern." Das Kabinett werde bei einer Sitzung an diesem Montag darüber beraten. Der Täter hatte bei seinem Amoklauf fünf Schusswaffen dabei. Er war im Besitz eines Waffenscheins und zudem Mitglied eines Schützenvereins.

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SZ vom 18.03.2019
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