Süddeutsche Zeitung

Missbrauchsskandal:SPD fordert Rücktritt von Reul

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NRW-Innenminister steckt wegen Ermittlungspannen in Lügde Kritik ein.

Von Jana Stegemann und Joachim Käppner, Düsseldorf/München

Nach dem erneuten Fund von Datenträgern im Missbrauchsfall Lügde fordert die SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag den Rücktritt von Landesinnenminister Herbert Reul (CDU): "Der Innenminister hat Aufklärung versprochen, er ist gescheitert", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hartmut Ganzke. Reul habe "die Lage nicht im Griff". Er müsse jetzt Verantwortung übernehmen und zurücktreten. Reul äußerte sich am Wochenende nicht zu der Rücktrittsforderung.

Zur Begründung der Forderung sagte der Oppositionsführer im Landtag von Nordrhein-Westfalen, Thomas Kutschaty (SPD), der Süddeutschen Zeitung, Reul habe "viel zu spät die Ermittlungen dem Polizeipräsidium Bielefeld übertragen." Die Fehler und Pannen bei den Ermittlungen in diesem Fall seien "unfassbar". Wörtlich sagte Kutschaty: "Ich warte seit Wochen auf ein Machtwort des Ministerpräsidenten. Wo ist eigentlich Armin Laschet? Der schweigt zu der ganzen Affäre." Da der Innenminister mit der Aufklärung völlig überfordert sei, müsse Laschet "ihn entlassen und die vollständige Aufklärung zur Chefsache machen - und helfen, Kinder besser zu schützen."

Abrissarbeiter haben am Tatort weitere Beweise gefunden

Minister Reul habe "die Aufklärung zu seinem Projekt gemacht", sagte die innenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion der Grünen, Verena Schäffer: "Daran muss er sich messen lassen." Bei Abrissarbeiten am mutmaßlichen Tatort des vielfachen Kindesmissbrauchs - einem Campingplatz in Lügde im Kreis Lippe - waren am Donnerstag weitere Datenträger gefunden worden, allerdings nicht von Ermittlern, die das Areal bereits durchsucht hatten. Im doppelten, fest verbauten Holzboden des Wohnwagens des Hauptbeschuldigten hatten Arbeiter laut Polizei eine CD und zwei Disketten entdeckt. Das Abrissunternehmen übergab den Fund an die Polizei. Reul schloss am Freitag nicht aus, dass noch weitere Funde folgen könnten.

Auf dem Campingplatz soll ein 56-jähriger Dauercamper mit einem 34-jährigen Komplizen über Jahre hinweg Kinder missbraucht und dabei gefilmt haben. Die beiden Verdächtigen sowie ein 48-Jähriger aus Stade sitzen in Untersuchungshaft. In dem Wohnwagen hatten die Ermittler bei wiederholten Durchsuchungen Festplatten und andere Datenträger mit rund 3,3 Millionen Bildern und fast 86 300 Videos sichergestellt. 155 CDs und DVDs waren dann aus der Obhut der Polizei verschwunden, woraufhin die Staatsanwaltschaft Detmold ein Strafverfahren gegen Unbekannt einleitete. Auch wegen weiterer Versäumnisse der Ermittler hat sich der Fall Lügde zu einem Polizeiskandal entwickelt.

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Quelle:
SZ vom 15.04.2019
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