Süddeutsche Zeitung

Minderheitenregierung in NRW:Linkspartei will Kraft wählen - aber nicht bedingungslos

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Hannelore Kraft fehlt eine Stimme zur absoluten Mehrheit in NRW. Sogar mehr als diese eine verspricht ihr die ungeliebte Linkspartei - stellt dafür aber selbstbewusst Forderungen.

B. Dörries u. S. Höll

Die Linke in Nordrhein-Westfalen will SPD-Chefin Hannelore Kraft mit zur Ministerpräsidentin wählen, knüpft das aber an Bedingungen. "Die SPD muss das Gespräch mit uns suchen", forderte der Vize-Landeschef Ralf Michalowsky. Seine Partei sei zur Kooperation bereit, die Sozialdemokraten müssten sich aber bei wichtigen Themen wie der Verabschiedung des Etats mit der Linken abstimmen.

Kraft will sich am 13. Juli im Landtag zur Wahl stellen, der rot-grünen Minderheitsregierung fehlt eine Stimme zur absoluten Mehrheit. Die Linken kündigten an, Kraft im ersten Wahlgang wählen zu wollen, wenn man zuvor eine Übereinkunft über gemeinsame Ziele für die kommenden Jahre getroffen habe. "Wir wollen die Politik im Land verändern und uns konstruktiv verhalten", sagte Michalowsky von den Linken, denen die SPD nach den gescheiterten Sondierungsgesprächen über eine rot-rot-grüne Koalition mangelnde "Demokratiefähigkeit" vorgeworfen hatte. Michalowsky sagte, es gebe mit der SPD Übereinstimmung bei der Abschaffung der Studiengebühren. Mit der Linken werde es aber keinen Stellenabbau im öffentlichen Dienst geben. Da SPD und Grüne keine Mehrheit im Landtag haben, sei die Minderheitsregierung bei wichtigen Projekten wie der Abschaffung der Studiengebühren und der Verabschiedung des Haushaltes auf die Linken angewiesen, so Michalowsky.

SPD-Chefin Hannelore Kraft hatte stets darauf hingewiesen, sie könne sich nicht gegen die Stimmen der Linken im ersten Wahlgang wehren, werbe aber nicht aktiv um sie.

Michalowsky sagte am Freitag, dass Kraft selbst in einem vierten Wahlgang die Linke brauche. "Sie ist auch dann auf eine Ja-Stimme oder unsere Enthaltungen angewiesen." Im vierten Wahlgang genügt die einfache Mehrheit, rein theoretisch käme Kraft nicht auf eine Mehrheit, wenn die Linken mit CDU und FDP gegen sie stimmen. Die Grünen halten diese Argumentation der Linken für "absurd", wie Fraktionschefin Sylvia Löhrmann sagte. "Die Postkommunisten werden wohl kaum Rüttgers wählen."

Die Bundes-SPD hat unterdessen Vorwürfe von Union und FDP zurückgewiesen, sie bereite mit einer Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen eine rot-rot-grüne Zusammenarbeit vor. "Auf die Partei Die Linke kommt es für die Regierungsbildung nicht an", sagte der stellvertretende Parteivorsitzende Olaf Scholz der SZ. Die Linkspartei habe sich bei den Sondierungsgesprächen mit SPD und Grünen "selbst ins Abseits begeben". Daran ändere auch das Unterstützungsangebot nichts. Scholz rechtfertigte den Plan von Kraft, eine Minderheitsregierung zu bilden. Da alle Versuche, Partner für eine Mehrheitsregierung zu finden, gescheitert seien, habe es nur die Möglichkeit einer schwarz-gelben oder rot-grünen Minderheitsregierung gegeben. Letztere habe einen "größeren parlamentarischen Rückhalt".

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hatte die SPD in Düsseldorf zuvor beschuldigt, auf Wunsch der Bundes-SPD ein "rot-rot-grünes Testlabor" einzurichten. Ohne Unterstützung der Linken sei eine Minderheitsregierung weitgehend handlungsunfähig. Kraft brauche die "linken Chaoten". FDP-Generalsekretär Christian Lindner warf Kraft vor, mit den Linken eine "Als-ob-Koalition" eingehen zu wollen und bezeichnete dies als "Ypsilanti-Taktik".

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SZ vom 02.01.2011
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