Süddeutsche Zeitung

Merkel trifft Medwedjew:Plaudereien im Sonnenschein

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Auf Schloss Meseburg demonstrieren die Kanzlerin und Russlands Präsident Harmonie und stellen eine gemeinsame Initiative vor: Moskau und die EU sollen in Sicherheitsfragen enger zusammenarbeiten.

Es war für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht nur ein Ausflug ins Gästehaus der Bundesregierung in Brandenburg. Das zweitägige Treffen mit Russlands Präsident Dimitrij Medwedjew im Schloss Meseberg bedeutete für die Kanzlerin auch einen kurzen Ausflug weg vom Problemberg der schwarz-gelben Koalition.

Merkel kam mit dem Kremlchef am Samstag in dem kleinen Barockschloss zusammen, um "in großer Ruhe" mit ihm zu sprechen. Der Gast lobte: "Wir können einander zuhören." Die Sonne schien die ungetrübte Stimmung zu spiegeln. Handfeste Probleme in den deutsch-russischen Beziehungen gibt es derzeit nicht. Auf Englisch plauderten die Russisch sprechende Kanzlerin und der Kremlchef über Weltpolitik.

Kremlleute hatten hinter vorgehaltener Hand die Bedeutung des Besuchs heruntergespielt. "Zwei Essen, ein Spaziergang" stünden auf der Tagesordnung, lästerte ein Medwedjew-Mitarbeiter und sprach scherzhaft von "Erholung".

Die Themenpalette ließ aber fast nichts aus: Iran, Abrüstung, der Nahost-Konflikt, die Euro-Krise. Russland hatte in den letzten Wochen deutlich gemacht, dass die Vetomacht im UN-Sicherheitsrat eine Resolution gegen den Iran im Atomstreit mittragen würde. Zwischen den eigentlich freundschaftlich verbundenen Ländern war kürzlich ein handfester Krach ausgebrochen. Dabei warf der Kreml Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad "politische Hetze" vor. Merkel zeigte sich erfreut, dass Russland wie China nun mit der EU und den USA an einem Strang ziehen und Sanktionen mittragen wollen.

Gespräch über die Menschenrechtslage

Medwedjew unterstrich in Meseberg, dass er die russisch-deutsche Zusammenarbeit als "wichtigen Stabilitätsfaktor" in Europa und der Welt sehe. Auch bei dieser Gelegenheit versuchte der Kremlchef, mit seinem "Vertrag über die europäische Sicherheit" zu punkten, dessen Grundidee er erstmals bei seinem Antrittsbesuch in Berlin vor zwei Jahren vorstellte. Bislang ist er damit immer wieder abgeblitzt - die Initiative gilt bei Beobachtern als Versuch, Sicherheitsbündnisse wie die Nato infrage zu stellen.

Merkel kam Medwedjew nun aber entgegen: Die Europäische Union und Russland sollen künftig in Sicherheitsfragen zumindest enger zusammenarbeiten. Dafür solle ein bereits bestehendes Komitee von der Botschafter- auf die Ministerebene gehoben werden, regten die beiden in einem gemeinsam unterzeichneten Memorandum an.

Das geplante Komitee unter Leitung von EU-Außenministerin Catherine Ashton und ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow soll demnach als Forum für einen Austausch zu Fragen der internationalen Politik und der Sicherheit dienen. Zudem soll das Gremium Regeln für gemeinsame Krisen-Einsätze von EU und Russland aufstellen, die sowohl ziviler Natur als auch militärisch sein könnten. Ferner sollten Empfehlungen zur Beilegung verschiedener Konflikte und Krisen erarbeitet werden. Deutschland wolle die Initiative am Dienstag beim nächsten Sicherheitsforum der EU einbringen und hoffe auf "positive Resonanz", sagte Merkel. Die Zusammenarbeit zwischen Brüssel und Moskau würde damit auf eine "neue Stufe" gehoben werden.

Nur im kleinen Kreis kam die weiter verheerende Menschenrechtslage in Russland zur Sprache. In Berliner Regierungskreisen hieß es, auch Medwedjew habe sich dazu geäußert. Erst vor wenigen Tagen waren Kremlgegner in Moskau brutal niedergeknüppelt und 150 Demonstranten festgenommen worden.

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