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Merkel-Nachfolge:Tag der Entscheidung - mit ungewissem Ablauf

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Von Nico Fried

Eines ist klar, aber das ist nicht viel: Um 10.30 Uhr soll der CDU-Parteitag an diesem Freitag in der Hamburger Messehalle beginnen. Was den weiteren Verlauf angeht, ist vieles noch offen. Nach den üblichen Formalia, Grußworten und der obligatorischen Totenehrung wird Angela Merkel ihre Abschiedsrede halten - 18 Jahre und fast auf den Tag genau acht Monate nach ihrer ersten Wahl zur CDU-Vorsitzenden auf dem Essener Parteitag im April 2000 sowie vierundsechzigeinhalb Jahre nachdem sie in Hamburg geboren wurde. Das Haus in der Isestraße 95, in dem Angela Kasner damals mit Mutter und Großmutter wohnte, ist von der Messehalle am Dammtor nur etwa drei Kilometer Luftlinie entfernt.

Merkels Rede, so ist zu hören, wird kürzer werden als in den vergangenen Jahren und wohl nur etwas mehr als eine halbe Stunde dauern. Ein Geheimnis war lange, wer seitens der Partei die Dankesrede hält. Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer kam dafür nicht infrage, weil sie auch Kandidatin für die Nachfolge ist und nicht den Vorteil eines zweiten Auftritts neben ihrer Vorstellungsrede erhalten sollte.

Volker Bouffier wird Merkel verabschieden

Dienstälteste politische Gefährtin unter den fünf stellvertretenden Parteivorsitzenden ist Ursula von der Leyen, die aber in der Partei über eine geringe Hausmacht verfügt. Politisch stand Merkel vor allem in der Flüchtlingskrise der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet am nächsten, doch den Zuschlag für die Abschiedswürdigung erhielt sein hessischer Kollege Volker Bouffier. Einst ein strammer Konservativer, hat sich Bouffier in den vergangenen Jahren nicht nur den Grünen als Koalitionspartner geöffnet, sondern auch Merkel deutlich angenähert.

Auf den letzten Parteitagen saß er stets neben ihr und unterstützte sie wiederholt in den heftigen Auseinandersetzungen mit der CSU, erst im Frühjahr während der Koalitionsverhandlungen mit der SPD und auch im Sommer bei einem Schlagabtausch mit Horst Seehofer und Markus Söder. Zudem ist Bouffier von den insgesamt fünf CDU-Vizevorsitzenden der älteste.

Um die Mittagszeit beginnt dann das nahezu Unplanbare: die Wahl eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin für Merkel. Drei Kandidaten stehen fest: Kramp-Karrenbauer, Jens Spahn und Friedrich Merz. Bis zum Parteitag konnte man nur Kandidat werden und damit auf den acht Regionalkonferenzen auftreten, wenn man von einer Parteigliederung vorgeschlagen wurde. Auf dem Parteitag selbst reicht es, wenn man von einem einzigen Delegierten vorgeschlagen wird.

Am Ende könnte eine Stichwahl entscheiden

Das Tagungspräsidium wird zu Parteitagsbeginn eine Frist setzen, bis zu der weitere Vorschläge für den Parteivorsitz eingegangen sein müssen. Danach wird es einen Vorschlag für die Vorstellungsrunde unterbreiten, also vor allem, wie viel Redezeit den Kandidaten eingeräumt wird, um sich zu präsentieren. Dem muss der Parteitag zustimmen. Angepeilt sind mindestens 20 Minuten - doch je mehr Kandidaten es gibt, desto weniger Redezeit dürfte jedem einzelnen gewährt werden.

Nach den Auftritten der Bewerber sollen die Delegierten die Möglichkeit erhalten, Fragen zu stellen - zunächst ohne zeitliche Beschränkung. Allerdings ist zu erwarten, dass eine drohende Endlosigkeit durch einen Antrag auf Abbruch der Fragerunde unterbunden wird, sofern die Mehrheit des Parteitages dem zustimmt. Erhält kein Bewerber im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit, treffen sich die beiden Bestplatzierten in der Stichwahl, die ohne weitere Aussprachen sofort beginnen soll.

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Quelle:
SZ vom 07.12.2018
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