Süddeutsche Zeitung

Menschenrechte:Türkei will bei Putschisten-Prozessen Europarat einbeziehen

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Bei den geplanten Prozessen gegen mutmaßliche Beteiligte des Putschversuches will die Türkei auf die Unterstützung des Europarates zurückgreifen. Die Experten der Organisation würden sich "in Kürze mit türkischen Behörden treffen, um sie dabei zu beraten, wie die Rechte der Angeklagten des Putschversuchs gewahrt werden können", sagte der Generalsekretär des Europarats, Thorbjørn Jagland, der Tageszeitung Die Welt. Dies sei "notwendig, damit sichergestellt wird, dass die Prozesse gemäß europäischer Standards verlaufen", sagte Jagland. Es solle verhindert werden, "dass noch mehr Fälle gegen die Türkei beim Straßburger Gerichtshof landen".

Im Streit zwischen der EU und Ankara über die angemessene Reaktion auf den gescheiterten Putschversuch forderte Jagland die Europäer zur Mäßigung auf: "Anstatt politische Rhetorik zu verwenden, sollten wir in Europa uns auf die Lösung von Problemen konzentrieren, die derzeit anstehen", sagte er. "Wir sollten mit den Türken sprechen und nicht über sie, und uns dabei auf die europäische Menschenrechtskonvention stützen."

Was der Europarat leisten kann

Der Europarat ist eine europäische internationale Organisation, der heute 47 Staaten angehören. Ziel ist vor allem der Einsatz für Menschenrechte und rechtsstaatliche Grundprinzipien. Die Türkei gehört dem Europarat seit 1950 an. Die Organisation kann Beobachter entsenden, die umfangreich Zugang zu Gefängnissen und Dokumenten über Häftlinge bekommen müssen. Das Anti-Folter-Komitee des Europarats hatte nach früheren Besuchen wiederholt folterähnliche Gewalt in der Türkei angeprangert. In seinem jüngsten Bericht kritisierte es Polizeigewalt gegen Demonstranten bei Festnahmen während der Gezipark-Proteste 2013.

Bereits kurz nach dem Putschversuch Mitte Juli war die Forderung nach einer Beobachtermission laut geworden. Ankara hatte zuvor den Ausnahmezustand erklärt und die Menschenrechtskonvention teilweise ausgesetzt. Bei groß angelegten Festnahmen wurden auch Oppositionelle, Journalisten, Richter und Staatsanwälte festgenommen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von "glaubwürdigen Hinweisen" auf Misshandlungen und Folter von Festgenommenen. Die Türkei kündigte an, zur Aburteilung der mutmaßlichen Putschisten die Todesstrafe wiedereinführen zu wollen. Der Menschenrechtsbeauftragte des Europarats, Thorbjørn Jagland reiste damals in die Türkei, um sich aus erster Hand über die Türkei zu informieren.

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