Süddeutsche Zeitung

Menschenrechte:20 000 Euro Hoffnung

Die Menschen in Russland erwarten nicht viel von ihrer Justiz. Das Schmerzensgeld für Pussy Riot ist ein ermutigendes Signal.

Von Frank Nienhuysen

Es ist dies die ganz frische Szenerie: Inmitten des WM-Finales flitzten Mitglieder von Pussy Riot in Uniformen über das Spielfeld. Doch auch die älteren Bilder sind längst nicht verblasst: Drei junge Russinnen im Glaskasten eines Moskauer Gerichtssaals, ausgesetzt den Blicken der empörten Weltöffentlichkeit. Der Pussy-Riot-Prozess war einer der spektakulärsten der jüngeren russischen Justizgeschichte - und endete, so urteilte jetzt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, mit einem Unrechtsurteil.

Die mehrjährige Lagerhaft ist in den Augen der Straßburger Richter falsch gewesen, weil die Kapuzenfrauen bei ihrem Punkgebet in der Moskauer Erlöserkathedrale gar nicht zu Gewalt oder Hass aufgerufen hätten. Das alles bringt den Frauen nun auch nicht mehr die verloren gegangene Freiheit zurück. Das Schmerzensgeld von insgesamt 20 000 Euro dürfte für sie nicht viel mehr als Symbolik sein, wenn der russische Staat es überhaupt zahlt. Und doch ist es ein wichtiges Urteil.

Denn es gibt jenen Menschen in Russland Hoffnung, die sich von der eigenen Justiz leider wenig erhoffen dürfen. Derzeit können sie wegen eines einzigen Likes in den Sozialforen wegen Extremismus vor Gericht gebracht werden. Das Schmerzensgeld für Pussy-Riot ist für sie ein Signal: Ihr Recht ist nicht vergessen in Europa.

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Quelle:
SZ vom 18.07.2018
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