Süddeutsche Zeitung

Mehr Rente für Eltern:Kauders Vorstoß zur falschen Zeit

Die im Grundsatz richtigen Rentenpläne von Unionsfraktionschef Kauder kommen weder zur rechten Zeit noch aus gerechten Motiven: Wer von seinen europäischen Partnern eiserne Spardisziplin fordert, kann nicht im eigenen Land die Neuverschuldung steigern.

Robert Roßmann

Es geht nicht nur darum, die richtigen Dinge zu tun - man muss die Dinge auch richtig tun. Volker Kauder ignoriert diese alte Politiker-Weisheit gerade schmählich. Der Unionsfraktionschef will die Rentenansprüche für Eltern von Kindern erhöhen, die vor 1992 geboren sind.

Das ist richtig. Erziehungsleistungen müssen in Deutschland stärker anerkannt werden, auch um die Altersarmut von Müttern zu verringern. Außerdem kann niemand erklären, warum bei der Rentenberechnung jüngere Kinder derzeit dreimal so wertvoll sind wie ältere.

Kauders Vorstoß ist trotzdem falsch: Er kommt weder zur rechten Zeit noch aus gerechten Motiven. Deutschland gibt jährlich 170 Milliarden Euro für Familienleistungen aus. Bezogen auf das Sozialprodukt liegt die Bundesrepublik damit 30 Prozent über dem Schnitt aller anderen OECD-Staaten. Das Ergebnis ist trotzdem mau. Das liegt auch am unüberschaubaren Wirrwarr von 150 verschiedenen Leistungen.

Derzeit wird das Chaos zum ersten Mal umfassend überprüft, kommendes Jahr sollen die Ergebnisse vorliegen. Wer vorher noch schnell eine neue Milliardenleistung einführt, konterkariert alle Bemühungen, den Verhau endlich zu entwirren.

Außerdem verlangt Deutschland von seinen europäischen Partnern gerade drastische Sparprogramme zur Rettung des Euro. Im eigenen Land nimmt es die Bundesregierung mit dem Kürzen nicht so genau: Trotz der guten Konjunktur steigt die Neuverschuldung.

Wer vor diesem Hintergrund auch noch Rentenerhöhungen in Milliardenhöhe vorschlägt, sollte sich vor seinen Euro-Partnern schämen. Erstaunlich, zu was die CDU inzwischen alles bereit ist, um das Betreuungsgeld durchzusetzen.

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Quelle:
SZ vom 24.04.2012
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