Süddeutsche Zeitung

Mazedonien:An sich selbst gescheitert

Mangelnder Mut - warum dem Land nun weiter Isolation droht .

Von Peter Münch

Ja oder Nein hätten die Mazedonier sagen sollen, doch die meisten haben einfach geschwiegen. Die von höchster Spannung begleitete Volksabstimmung über die Änderung des offiziellen Staatsnamens in Nord-Mazedonien ist gescheitert, weil weit weniger als die Hälfte der Stimmberechtigten zu den Wahllokalen gegangen sind. Der versprochene Aufbruch des Balkanstaats in Richtung Westen endet damit erst einmal an einem tiefen Graben.

Das Ergebnis ist eine schmerzhafte Niederlage für die Regierung des Sozialdemokraten Zoran Zaev. Sie hatte immerhin den Mut, mit Griechenland eine Einigung im notorischen Namensstreit herbeizuführen, die den Weg des kleinen Balkanstaats zu einer Mitgliedschaft in Nato und EU geebnet hätte. Es ist jedoch auch höchstens ein Pyrrhussieg für die nationalkonservative Opposition, die dieses Abkommen als "Kapitulation" geschmäht und das Scheitern des Referendums betrieben hatte.

Nachdem bislang Griechenlands Hochmut die Entwicklung Mazedoniens behindert hatte, ist das Land nun an sich selbst gescheitert - an seiner inneren Zerrissenheit, an kurzsichtigen Oppositionspolitikern und an mangelndem Mut. Nach diesem missglückten Referendum droht dem Land nun für weitere lange Jahre eine Isolation.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4152018
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 01.10.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.