Süddeutsche Zeitung

Massaker von Srebrenica:Serbien lässt mutmaßliche Massenmörder festnehmen

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Serbien nimmt acht mutmaßliche Mörder fest

Knapp 20 Jahre nach dem Massaker von Srebrenica sind in Serbien erstmals acht mutmaßliche Täter festgenommen worden. Ihnen wird die Ermordung von mehr als 1000 Muslimen während des Bürgerkrieges im ehemaligen Jugoslawien vorgeworfen.

"Dies ist der erste Fall, in dem es um Verdächtige geht, die an den Massenerschießungen teilgenommen haben sollen", sagte Bruno Vekaric, der stellvertretende Staatsanwalt für Kriegsverbrechen. Die spektakulären Festnahmen seien das Ergebnis der neuen Zusammenarbeit der Staatsanwaltschaften in Belgrad und der bosnischen Hauptstadt Sarajevo, lobten beide Behörden.

Staatsanwalt Vekaric sagte, die Ermittler hätten in sieben verschiedenen Orten zugegriffen. Alle Beschuldigten hätten einer Einheit des ehemaligen bosnisch-serbischen Innenministeriums angehört. Zu den Festgenommenen zähle auch der Kommandeur der Einheit, Nedeljko Milidragovic, der als "Nedeljko, der Schlächter" bekannt wurde. Er und andere Personen wie Aleksa Golijanin würden verdächtigt, Männer aus einem Gefangenenlager von Srebrenica nach Kravica mit Bussen gebracht zu haben, sagte ein Anklagevertreter. "Sie wurden zunächst erschossen, und dann wurden Handgranaten geworfen."

Bislang leugnete und verdrängte Belgrad den Genozid

Bosnische Serben hatten im Sommer 1995 die Stadt Srebrenica eingenommen. Kurze Zeit darauf wurden über 8000 muslimische Männer und Jungen verschleppt und in der Umgebung des Ortes getötet. Das Massaker gilt als schlimmstes Kriegsverbrechen in Europa sei dem Zweiten Weltkrieg.

Ein UN-Gericht hatte geurteilt, dass die Ereignisse in Srebrenica als Völkermord zu werten sind. Der Ort wurde von den Vereinten Nationen zur Schutzzone erklärt, aber trotzdem von den serbischen Truppen eingenommen. In den folgenden Tagen kam es zu den Massenerschießungen.

Bisher hatte Serbien das von internationalen Gerichten als Genozid klassifizierte Verbrechen verdrängt oder geleugnet. Es waren keine Anstrengungen unternommen worden, um die Täter dingfest zu machen. Die USA hatten einem Medienbericht zufolge zuletzt etwa 150 Serben aufgespürt, die ihre Mittäterschaft in Srebrenica bei der Einreise verschwiegen hatten. Sie sollen ausgeliefert werden.

Die Verdächtigen werden wahrscheinlich in Serbien vor Gericht gestellt und nicht dem Haager Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien überantwortet. Dort müssen sich die ehemaligen serbischen Spitzenpolitiker Radovan Karadzic und Ratko Mladic verantworten. Die EU hat die Verfolgung von Kriegsverbrechern zur Bedingung für die Aufnahme Serbiens in den Staatenbund gemacht.

Serbischer Präsident legt Plan für Kosovo vor

Der serbische Präsident Tomislav Nikolic will indes die vor sieben Jahren abgefallene und fast nur noch von Albanern bewohnte einstige Provinz Kosovo innerhalb Serbiens halten. Das sehe ein monatelang vorbereiteter Plan des Staatsoberhauptes vor, der von der Regierung sowie vom Parlament gebilligt werden solle, berichtete die regierungsnahe Zeitung Novosti in Belgrad.

Das Kosovo, in dem die Serben weniger als zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen, solle danach eine sehr weit gefasste Autonomie erhalten. Dagegen verlangt die albanisch geführte Kosovo-Regierung, Serbien solle sich endlich mit der Unabhängigkeit der Region abfinden. Bisher hatten 109 Staaten das Kosovo als eigenen Staat völkerrechtlich anerkannt.

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