Süddeutsche Zeitung

Martin Schulz:"Bitterkeit hilft in der Politik nicht"

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Einen besonderen Auftritt legte beim SPD-Parteitag der frühere Vorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz hin. In einer berührenden Rede sprach er über seine Gefühle, nachdem er den Parteivorsitz abgegeben hatte. "Zorn hat eh keinen Zweck und Bitterkeit hilft in der Politik nicht." Er war nach erfolgreichem Abschluss der Koalitionsverhandlungen mit der Union wegen des fehlenden Rückhalts in der Partei zurückgetreten. Die Freude über den Koalitionsvertrag sei dabei "ein heller Moment in manchmal dunklen Stunden" gewesen.

Schulz rief seine Partei dazu auf, die internen Konflikte zu überwinden. "Du brauchst den Rücken frei, um dich mit dem politischen Gegner zu beschäftigen - und weniger mit dem, was in der eigenen Partei läuft", sagte Schulz in Wiesbaden mit Blick auf die zu seiner Nachfolgerin gewählten Andrea Nahles.

"Ohne ein starkes Europa werden die Populisten gewinnen"

Schulz appellierte, sein europapolitisches Erbe zu retten. Er hatte federführend ein Reformprogramm für eine stärkere Kooperation in Europa im Koalitionsvertrag ausgearbeitet. Es könne nicht sein, dass die Union jetzt nach ein paar Wochen schon die Pläne in Frage stelle - so gibt es Vorbehalte gegen eine Bankenunion und den Aufbau eines Europäischen Währungsfonds. "Ohne ein starkes Europa werden die Populisten gewinnen", rief Schulz den 600 Delegierten zu. "Dann gibt es Krieg." Die SPD werde als Friedensmacht gebraucht. "Der Kampf für Europa ist auch immer ein Kampf gegen Rechts und in Deutschland ist das ein Kampf gegen die AfD." Europa, ein Leben in Frieden und Freiheit dürfe nicht zerstört werden, sagte Schulz, der Standing Ovations bekam.

Nahles dankte ihm und überreichte eine Lithographie von Willy Brandt. Was Schulz in dieser Zeit politisch und persönlich ausgehalten habe und mit welcher Haltung, das verdiene größten Respekt, sagte die neue SPD-Chefin. "Das waren stürmische Zeiten."

Schulz hatte die SPD als Parteichef in den Bundestagswahlkampf geführt. Er wurde damals mit 100 Prozent an die SPD-Spitze gewählt, brachte die Partei in den Umfragen zunächst deutlich nach oben, war im Wahlkampf aber am Ende chancenlos. Mit ihm als Kanzlerkandidat fuhr die SPD das historisch schlechte Wahlergebnis von 20,5 Prozent ein. Er gab den Parteivorsitz danach ab. Sein Versuch, Außenminister in der großen Koalition zu werden, scheiterte an innerparteilichem Widerstand.

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