Süddeutsche Zeitung

Corona-Konferenz:"Sie sind nicht der Kanzler von Deutschland, tun Sie nicht so"

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In der Videokonferenz von Bund und Ländern krachte es richtig. Worüber Markus Söder und Olaf Scholz sich gestritten haben.

Von Nico Fried und Cerstin Gammelin, Berlin

Es war schon spät, als es in der Videokonferenz von Bund und Ländern noch einmal richtig krachte. Anlass war ein Satz in Punkt 12 der Beschlussvorlage, der sich eigentlich recht harmonisch las: "Mit dem hälftig finanzierten Härtefallfonds machen Bund und Länder ein zusätzliches Angebot, um in Fällen zu helfen, in denen die Hilfsprogramme nicht greifen konnten." Stein des Anstoßes war das Wort "hälftig". Denn unter den Ministerpräsidenten war die Bereitschaft, 50 Prozent der Kosten zu übernehmen, noch nicht so ausgeprägt, wie man hätte vermuten können.

Schleswig-Holsteins Regierungschef Daniel Günther wollte die Sache noch mal den Wirtschaftsministern übergeben. Das wollte Angela Merkel nicht. Die hätten "schon 15 Mal" über dieses Thema geredet, grantelte die Kanzlerin. Die finanzielle Frage müsse nun geklärt werden. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil schlug daraufhin vor, für die nächste Videokonferenz in drei Wochen einen Beschluss vorzusehen. Da ging Olaf Scholz dazwischen. Ziemlich brüsk teilte der Bundesfinanzminister den Länderchefs mit: "Das, was auf dem Tisch liegt, ist das Angebot des Bundes. Das kann man nehmen oder liegen lassen." Die hälftige Finanzierung sei "das höchste der Gefühle".

Scholz war verärgert. Bund und Länder hatten sich doch schon vereinbart. Der neu beschlossene Kinderbonus in Höhe von 3,8 Milliarden Euro sollte komplett vom Bund gezahlt werden. Den Härtefallfonds für Unternehmer, zwei Milliarden Euro, wollten sich Bund und Länder teilen. Er nehme zur Kenntnis, sagte Scholz, dass das Paket aufgeschnürt werden solle. Es gehe aber nur beides zusammen, nicht das eine ohne das andere. Die Ansage kam ungewohnt kantig und kompromisslos.

Und Markus Söder blaffte zurück. "Was regen Sie sich so auf, das ist doch nicht Ihr Geld." Was er wohl sofort bitter bereute, weil Scholz schlagfertig reagierte. "Nein, aber das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler." Von da an war die Eskalation nicht mehr aufzuhalten. Von "heiligem Zorn" geschüttelt, habe Söder sich noch mehr aufgeregt, heißt es im Scholz-Lager. "Sie sind nicht der Kanzler von Deutschland, tun Sie nicht so." Was Scholz mit Lächeln quittierte und Schulterzucken, was als "Na, noch nicht" interpretiert werden konnte. Und Söder zu dem Satz veranlasste, da müsse er gar nicht so "schlumpfig grinsen". Sogar mit der Frage, was Scholz getrunken habe, wurde Söder wiedergegeben. Manuela Schwesig trennte die Fauchenden. Was die Schärfe jetzt solle, maßregelte sie zuerst beide. "Und Sie, Herr Söder, was ist denn das für ein Auftreten, gerade von Ihnen?"

Auf die Frage, was da vorgefallen sei, antwortete Söder später in der Pressekonferenz, man möge nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. "Ich schätze Herrn Scholz grundsätzlich", man arbeite für gewöhnlich gut zusammen. Aber "hin und wieder haben wir halt einen unterschiedlichen Standpunkt". Der Minister sei "sehr pointiert" aufgetreten, darauf habe er geantwortet. Mittlerweile habe man wieder Kontakt gehabt. "Ich würde jetzt nicht sagen, wir sind ein Herz und eine Seele, aber es ist schon wieder gut."

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