Süddeutsche Zeitung

Libyen:Gaddafi lässt EU-Bürger nicht mehr einreisen

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Libyen erteilt keine Einreiseerlaubnis mehr für Bürger der Mitgliedstaaten des Schengen-Abkommens. Schuld ist ein Streit mit der Schweiz.

Bürger von 25 europäischen Staaten können derzeit nicht nach Libyen einreisen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Montag auf dem Flughafen Tripolis erfuhr, verweigert das nordafrikanische Land unter anderem den Bürgern der meisten EU-Staaten die Erteilung von Einreise-Visa. Mehrere europäische Außenministerien bestätigten die Entscheidung, die offenbar im Zusammenhang mit dem diplomatischen Dauerstreit zwischen Libyen und der Schweiz steht.

"Es stimmt. Diese Entscheidung ist gefallen. Keine Visa für Europa, außer für Großbritannien", sagte ein auf Anonymität bestehender Vertreter des Flughafens Tripolis. Eine offizielle Bestätigung oder eine Begründung gab es von libyscher Seite nicht.

Die Außenministerien Deutschlands, Italiens und Frankreichs teilten mit, betroffen seien alle Bürger des Schengen-Raums, zwischen dessen Mitgliedern es keine Grenzkontrollen mehr gibt. Dazu gehören auch Nicht-EU-Länder wie die Schweiz. Großbritannien und mehrere andere EU-Mitglieder gehören der Schengen-Zone dagegen nicht an.

Dieser einseitige Schritt Libyens sei bedauerlich, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. "Wir erwarten, dass er wieder rückgängig gemacht wird."

Ein Sprecher des italienischen Außenministeriums sprach von einer Vergeltungsmaßnahme für die Entscheidung der Schweiz, ein Einreiseverbot gegen Dutzende hochrangige Vertreter Libyens zu verhängen. Zwischen den Schengen-Staaten seien Gespräche über eine gemeinsame Reaktion im Gange. Das Auswärtige Amt in Berlin teilte mit, Libyen habe die Entscheidung am Montag bekanntgegeben. Auch bereits erteilte Visa für Bürger der betroffenen Staaten seien ungültig. Nur Inhaber einer gültigen Aufenthaltsberechtigung könnten offenbar weiter einreisen.

Die Entwicklung dürfte den Ruf Libyens als verlässlicher Geschäftspartner beschädigen. Seit der Aufhebung von UN-Sanktionen gegen das Land 2003 haben die ausländischen Investitionen zwar zugenommen, manche Geschäftsleute klagen aber, dass Behördenwillkür ihre Arbeit behindere.

Diplomatischer Streit seit Sommer 2008

Libyen und die Schweiz streiten seit fast anderthalb Jahren über den Fall zweier eidgenössischer Geschäftsleute. Die Männer waren im Juli 2008 in dem nordafrikanischen Land festgesetzt worden, nachdem in Genf ein Sohn des libyschen Revolutionsführers Muammar Gaddafi und seine Frau kurzzeitig unter dem Vorwurf der Misshandlung zweier Hotelangestellter festgenommen worden waren. Libyen bestreitet einen Zusammenhang zwischen beiden Vorgängen, hatte aber nach der Festnahme des Gaddafi-Sohns die Ölexporte in die Schweiz ausgesetzt und Milliarden-Vermögen von Schweizer Banken abgezogen.

Laut Schweizer Medienberichten hatte die Regierung in Bern zuletzt gegen 188 Vertreter des inneren Machtzirkels von Gaddafi ein Einreiseverbot verhängt. Offiziell bestätigt wurde dies nicht, Schweizer Regierungsvertretern zufolge ist die Linie bei der Visumvergabe an Libyer aber mit den anderen Staaten der Schengen-Zone abgestimmt. Die libysche Zeitung Oea, die einem anderen Gaddafi-Sohn nahesteht, hatte wegen der Maßnahme am Sonntag einen hochrangigen Regierungsvertreter mit der Drohung von Vergeltung gegen die Schweiz zitiert.

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