Süddeutsche Zeitung

Lehren aus NSU-Prozess:OLG-Präsident erwägt Videoübertragung

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Den NSU-Prozess werden seine Vorschläge vermutlich nicht mehr beeinflussen. Dennoch zeigt sich der Präsident des Münchner Oberlandesgerichts, Huber, offen für Gesetzesänderungen, um große Prozesse besser bewältigen zu können. Dazu könnten Videoübertragungen und eine Änderung des Revisionsrechts gehören.

Von Tanjev Schultz

Der Präsident des Oberlandesgerichts München, Karl Huber, hat als Lehre aus dem NSU-Verfahren Gesetzesänderungen vorgeschlagen, die helfen könnten, große Prozesse zu bewältigen. Denkbar sei, Videoübertragungen in einen Nebenraum zu erlauben. Dies müsse aber noch intensiv diskutiert werden und würde für das NSU-Verfahren vermutlich keine Rolle mehr spielen, sagte Huber am Dienstag.

Er forderte zudem, über ein verändertes Revisionsrecht nachzudenken. So hätte es beispielsweise nach derzeitiger Rechtslage ein Revisionsgrund sein können, wenn das Münchner Gericht dem türkischen Botschafter einen festen Platz eingeräumt hätte. Vor Beginn des NSU-Prozesses hatte es in der Öffentlichkeit großen Unmut wegen der begrenzten Zuschauerplätze und der Mängel bei der Vergabe von Presseplätzen gegeben. Eine von vielen Seiten geforderte Videoübertragung hatte das Gericht mit Verweis auf die Rechtslage abgelehnt.

Huber zog eine positive Zwischenbilanz des NSU-Prozesses: "Ich habe den Eindruck, dass das Verfahren auf einem guten Weg ist." Der Platz im Saal reiche aus. Huber räumte jedoch ein, dass es an manchen Tagen durchaus größeren Andrang gebe. Von 963 beantragten Akkreditierungen für Journalisten sind nach Angaben des Gerichts 280 zwar gar nicht abgeholt worden. Dies liegt zum Teil aber daran, dass Medien mehrere Mitarbeiter angemeldet hatten, von denen viele nur im Notfall einspringen. Die 50 für Journalisten reservierten Plätze werden jedenfalls gut genutzt.

Huber sagte, die "Hype-Situation", die es vor und zu Beginn des Prozesses gegeben habe, sei glücklicherweise vorbei. Er bedankte sich zudem bei den etwa 80 Nebenklägern und ihren Anwälten für ihre "Disziplin". Zugleich regte er aber eine Gesetzesänderung an, um zu verhindern, dass die Zahl von Nebenklägern in großen Verfahren "ins Unendliche" gehe.

Prozesstermine bis Ende 2014 festgelegt

Für den NSU-Prozess sind bis Ende 2014 Termine festgelegt. Er könnte aber noch länger dauern. Eine Gerichtssprecherin sagte, sie rechne mit vielen Beweisanträgen. An diesem Donnerstag wird die Verhandlung nach der Sommerpause fortgesetzt.

Als Zeuge ist ein Beamter des Bundeskriminalamts geladen, der bei der Vernehmung des Angeklagten Holger G. dabei war. Dieser hatte die Hauptangeklagte Beate Zschäpe belastet und gestanden, dem NSU eine Waffe und Tarnpapiere beschafft zu haben. Vor Gericht verlas er lediglich eine Erklärung und ließ bisher keine Fragen zu. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl hatte vor der Sommerpause an Holger G. und seine Anwälte appelliert, noch einmal zu überlegen, ob nicht doch eine weitere Aussage vor Gericht möglich sei.

Der Druck auf Holger G. ist auch dadurch gestiegen, dass die Ermittler neue Indizien gefunden haben, die ihn in Bedrängnis bringen könnten. Demnach könnte Beate Zschäpe ihn noch im Juni 2011 in Niedersachsen besucht und bei ihm einen Reisepass abgeholt haben.

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SZ vom 04.09.2013
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